Kunst, Raub und Rückgabe - Vergessene Lebensgeschichten: Sigmund Waldes

Kunst, Raub und Rückgabe - Vergessene Lebensgeschichten: Sigmund Waldes

ARD-alpha Live-TV ARD-alpha 27.04., 23:20 - 23:35 Uhr
Geschichte 202415 Minuten 

Mit der millionenfachen Herstellung von Druckknöpfen kam die tschechische Unternehmerfamilie Waldes Anfang des 20. Jahrhunderts zu Wohlstand. Als Juden wurden Sigmund Waldes und andere Familienmitglieder von den Nationalsozialisten verfolgt. Und ihrer Kunst beraubt. Wie groß genau und wie zusammengestellt die Waldes-Sammlung war, bleibt unklar. Jedenfalls ist eine Vorliebe für den deutschen Impressionismus zu erkennen. Eines der Werke wurde später von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen restituiert.

Es ging zurück an die Familienerben. Konkret: "Frühlingslandschaft" von Johannes Sperl (1840 bis 1914). Dieses Werk war eindeutig NS-Raubkunst. Sperl stammte aus der Nähe von Nürnberg. Nach einer Ausbildung zum Lithographen lernte er Zeichnen an der Nürnberger Kunstgewerbeschule. Später studierte er an der Kunstakademie in München.

Das Leben von Sigmund Waldes gestaltete sich anfangs sehr positiv. 1908 Heirat, zwei Kinder, beruflich erfolgreich und aufstrebend in der Dresdner Filiale von Waldes. 1916 Umzug in eine Villa. Vermutlich begann er damals Kunst zu kaufen, zur Ausstattung der neuen Villa.

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten ist unklar, wie es Waldes damit erging. Jedenfalls steht fest, dass er 1938 Deutschland verlässt, emigriert, von Dresden über Prag nach London und letztlich dann nach New York City. Auslöser der Emigration ist die kurz davor erfolgte Absetzung von Sigmund Waldes als Leiter der Dresdner Waldes-Filiale.

1940 wurden viele Grafiken und auch Bücher aus dem Waldes-Besitzes enteignet, mit der Begründung, diese würden die Sicherheit und Einheit des deutschen Volkes gefährden. Das restliche Vermögen von Waldes - Gemälde, sein Besitz in Dresden - wurde dann von den Nationalsozialisten in Kontakt mit Waldes, der damals schon im Ausland war, enteignet. Die Verhandlungsposition von Sigmund Waldes gegenüber den Nationalsozialisten war nicht gerade gut, die Nationalsozialisten hielten zur Zeit der "Verhandlungen" Heinrich Waldes, den Bruder von Sigmund, in Gefangenschaft. Man kann also eher von einer Erpressung als von echten Verhandlungen sprechen.

Ergebnis der Gespräche war, dass Sigmund Waldes zwar Leiter der Waldes-Filiale in New York City werden "durfte", seinen zurückgelassenen Besitz, Patentrechte, europäische Waldes-Filialen musste er im Gegenzug den Nationalsozialisten überlassen, ebenso seine Kunst, darunter auch das schon erwähnte Gemälde von Johannes Sperl. Das Gemälde gelangte 1943 über eine Versteigerung an die Galeristin Maria Almas Dietrich, eine Sympathisantin des NS-Regimes. Ab da befand sich das Sperl-Werk im Verwaltungsbau der NSDAP in München, gehörte der NS-Größe Martin Bormann.

Nach Kriegsende war das Gemälde dann zunächst im Central Collecting Point in München, ging dann aufgrund entsprechender Beschlüsse der Alliierten später an die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen über.

Sigmund Waldes überlebt den Krieg in den USA und bemüht sich dann in den 1950ern um eine Wiedererlangung des ihm geraubten Kunstbestands. Wie erfolgreich er damit ist, ist unklar. Nach längerer Recherche, auch in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, steht eines Tages zweifelsfrei fest: die "Frühlingslandschaft" von Johannes Sperl ist Raubkunst und muss an die Familiennachfahren restituiert werden. Übrigens auch im Bestand des Deutschen Museums in München wurde von den dortigen Forschenden ein weiteres Waldes von den Nazis geraubtes Gemälde identifiziert. Auch dieses wurde an die Familie zurückgegeben.

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Bildquellen: Bayerischer Rundfunk