Spätausgabe
Spätausgabe
Spätausgabe
100 Jahre nach der Premiere von Calderóns «Das grosse Welttheater» auf dem Klosterplatz von Einsiedeln SZ wirft Lukas Bärfuss mit seiner zeitgenössischen Neufassung existenzielle Fragen auf. Wofür lohnt es sich zu leben? Wofür zu sterben? Welche Rolle spiele ich im Leben? Rund 500 Laien sind bei diesem Spiel - vor und hinter den Kulissen - mit dabei; vom Enkel bis zur Grossmutter. Ein Spiel, das Generationen verbindet und den Zusammenhalt im Dorf stärkt. Das Klosterdorf Einsiedeln SZ zeichnet eine barocke Theatertradition aus. Auf dem Klosterplatz wurde aber erstmals 1924 Theater gespielt, obwohl dieser einst sogar nach speziellen akustischen Gesichtspunkten gestaltet wurde. Die Wahl des Stückes fiel auf «Das grosse Welttheater» des spanischen Dramatikers Pedro Calderón de la Barca in der Übersetzung von Joseph von Eichendorff. Die Aufführung: weniger Kunstgenuss als vielmehr seelische Erhebung. Am Stückende gab es keinen Applaus; das Spielvolk stimmte zusammen mit dem Publikum «Grosser Gott, wir loben Dich» an. In den 1960er-Jahren sorgte das Mysterienspiel aber je länger je mehr für Unmut. Kritisiert wurde die nicht mehr zeitgemässe, gottgewollte hierarchische Ordnung. Eine rigorose Neuausrichtung wagte die Welttheater-Gesellschaft aber erst 2000 mit Autor Thomas Hürlimann und Regisseur Volker Hesse, auch wenn Calderóns Grundgedanken integraler Bestandteil blieben. Nun hat sich Lukas Bärfuss den Stoff vorgeknöpft. Das Kloster gab den Segen zu seinem Stück, das selbst vor Kindsmissbrauch in der Kirche nicht Halt macht. Über ein halbes Jahr lang wurde geprobt. Das «Spielvolk» war mit Feuereifer dabei. Freizeit und Ferien wurden dem Spiel geopfert. Gemeinsam haben Einsiedlerinnen und Einsiedler Grosses geschaffen. Gemeinsam wagen sie einen schonungslosen Blick auf das menschliche Leben. Von der Jugend bis zum Tod. Der Film rollt die 100-jährige Geschichte auf, gräbt im Archiv, birgt Anekdoten, erinnert sich mit Menschen, die seit Jahren zum «Spielvolk» gehören an Skurriles und Unvergessliches und begleitet Alte und Junge, vom Schicksal heimgesuchte und Lebenshungrige bis zum grossen Auftritt.
Erst als Teenagerin lernte sie lesen und schreiben. Wie Sonam in die Schweiz gelangte und schliesslich trotz widriger Startbedingungen zu einer international erfolgreichen Künstlerin wurde, das erzählt sie Nicole Freudiger in ihrem Atelier und beim Backen.
Wie Aris es schaffte, sich aus den Fängen der Sekte zu befreien und sich nach schwierigen Jahren wieder mit der Familie zu versöhnen, darüber spricht sie mit Nicole Freudiger beim Backen.
Beim Backen anlässlich des Laubhüttenfests erzählt er Nicole, warum er trotz angespannter Sicherheitslage im Internat bleibt und wie er und seine Familie mit der Bedrohung durch Bomben umgehen.
Gemeinsam mit Nicole backt David den bayrischen Kirschmichel, Lieblingsdesserts des verstorbenen Papsts Benedikt XVI. Dabei plaudern sie über seinen Vater, der selbst bei der Garde diente und 1981 beim Attentat auf Papst Johannes Paul II. eine wichtige Rolle spielte.
Es ist jedes Mal ein Wunder, wenn ein Kalb zur Welt kommt. Klitschnass und hilflos flutscht es nach langen, mühevollen Wehen aus der Kuh, hebt bald den Kopf, tut den ersten Schnauf und schaut mit seinen grossen Augen ungläubig in die neue Welt. So geschieht es immer gleich, seit acht Jahrtausenden, seit der Mensch im Nahen Osten aus dem wilden Urrind ein zahmes Haustier züchtete. Doch was nach der Geburt kommt, könnte unterschiedlicher nicht sein: Ob ein Kalb in einer Sommernacht auf einer Weide unter dem Apfelbaum zur Welt kommt oder im tiefen Strohbett einer Bretterbox im Stall das Neonlicht der Welt erblickt, ist bezeichnend für sein Schicksal. Hat es eine steile Karriere vor sich, als Superkuh mit einem Euter, aus der Zehntausende von Litern Milch gemolken werden? Oder wird es in einer Herde bei der Mutter auf der Weide aufwachsen und dann mit zehn Monaten in den Schlachthof gefahren und zu Rindfleisch verarbeitet? Zwei Geburten als Ausgangspunkt einer Reise durch die «Rindvieh-Szene Schweiz»: Wie hat sich das Leben von Kälbern, Rindern und Kühen in den letzten 20 Jahren verändert, seit «NETZ NATUR» zum ersten Mal über das unbekannte Wesen der Kuh berichtete? Die Reise führt in Ställe mit schier unglaublicher Milchleistung, zu Mutterkuhherden auf den Weiden mit ihren verspielten Kälbern, auf Alpen mit stolz behornten Kühen und solchen, die hornlos unter ungeheurem Körpereinsatz alles geben. Sie zeigt, was aus Kühen wird, die als Produktionsfaktor zu Spielbällen einer immer atemloseren Landwirtschaftsentwicklung werden, und solchen, die mehr sein können als nur Milch und Fleisch. «NETZ NATUR» führt durch Drama und Idylle, enthüllt Bedenkliches, entdeckt Heiteres gleichermassen und zeigt Bauern im Dilemma, wenn es um Wirtschaftsleistung und ums Wohl der Tiere geht. Der genaue Blick auf das Tier zeigt, wo dessen Möglichkeiten und seine Grenzen liegen und weshalb diese unter wirtschaftlichem Druck nur allzu oft überschritten werden. Das «NETZ NATUR»-Team hat viele Bauern getroffen, die wirtschaftlichen und politischen Zwängen völlig ausgeliefert sind und den Tierarzt und seine Medikamente liebend gern weniger häufig auf dem Hof hätten, als es für ihre Tiere nötig scheint. Beim Nutztier Rind zeigt sich jedoch einmal mehr, dass gesunde Nahrungsmittel letztlich nur mit natürlich gesunden Tieren zu produzieren sind. «NETZ NATUR» hat vielversprechende Ansätze zu neuen alten Rinderrassen gefunden und zeigt, dass «Geiz ist geil!» bei Milch und Fleisch immer auf Kosten der Tiere geht. Ungesunde Entwicklungen in der Tierhaltung fallen auch beim Rindvieh unweigerlich wieder auf die Menschen zurück - und dies schmerzlicher, als ihnen lieb ist. Insofern haben in diesem Land, das sich nur allzu gern über Kühe, Käse und Milchschokolade verkauft, nicht nur Bauern und Politiker, sondern alle etwas zur Kuh-Schweiz zu sagen - und zu entscheiden.
Wer grosse Waldrinder wie den asiatischen Gaur oder den europäischen Wisent studiert, hat auch schnell eine Vorstellung vom Verhalten und den natürlichen Bedürfnissen der hiesigen Hausrinder - denn auch sie stammen von einem wilden Waldrind ab, das vor rund 400 Jahren ausgestorben ist - vom Ur. Rinder sind Herdentiere, die langjährige, stabile Gemeinschaften mit Kühen und ihren jeweiligen Kälbern entwickeln. Die Herden sind ständig in Bewegung, sodass sie die Vegetation nicht übernutzen und mit dem Kot auch ihre Parasiten stets hinter sich lassen. Die Hörner dienen nicht nur als wirksame Waffen gegen Feinde und Artgenossen, sie sind auch ein wichtiges Kommunikationsmittel innerhalb der Herde - sogar auf Distanz, ohne jede Berührung. Auf zur Tierfabrik? Heute werden bei der wirtschaftlichen Nutzung des Hausrindes oft viele grundlegende biologische Bedürfnisse der Tiere missachtet. «NETZ NATUR» nähert sich dem Naturell unserer Kühe und zeigt auf, wie sich in den letzten 20 Jahren die intensive Nutzung immer mehr von den natürlichen Bedürfnissen der Tiere entfernte: Die Leistungssteigerung bei Milch und Fleisch und die damit verbundenen Züchtungen und Haltungsformen vernachlässigen immer stärker das, was eine Kuh tatsächlich braucht. Auch die Schweiz bewegt sich immer mehr in Richtung einer Tierhaltung, die vielerorts im Ausland Standard ist: Tausende von Rindern für die Fleischmast oder Kühe für die Milchproduktion, die auf kleinstem Raum mit Hormonen und importiertem Kraftfutter skrupellos zur Höchstleistung getrimmt werden. Bauern ohne Alternative? Noch ist die Schweiz nicht ganz an diesem Punkt angelangt. Aber wenn die Politik die heimische Landwirtschaft für den internationalen Markt konkurrenzfähig machen will, ist dieser Weg vorgezeichnet. Viele Bauern sind darüber nicht erfreut - aber sie sehen keine andere Möglichkeit zu überleben: Wachstum oder Untergang heisst die Devise, was meist auf Kosten der Tiere geht, wie die Erfahrung zeigt. Doch muss man einfach hinnehmen, dass eine durchschnittliche Milchkuh heute im Alter von vier Jahren bereits wieder geschlachtet wird? Ist es unvermeidlich, dass viele Kälber getrennt von ihren Müttern so gehalten werden, dass sie in der Regel krank werden und deshalb routinemässig mit Antibiotika gefüttert werden müssen? Neben diesen scheinbaren, wirtschaftlichen Sachzwängen gibt es auch andere Trends im Land, die den Bedürfnissen der Kühe wieder besser gerecht werden. Mutige Pioniere orientieren sich mit neuen Produktionsformen von Milch und Fleisch am Wohl und Naturell ihrer Tiere, an der ökologischen Verträglichkeit ihrer Betriebe und an der Nachfrage im lokalen Markt: Sie setzen auf Qualität statt auf Quantität. Und vor allem auf eine nahe und intensive Beziehung zu ihren Tieren. Sie halten ihre Kühe in grossen, intelligent strukturierten Laufställen. Es sind dies tiergerechte Ansätze, die in vielen Bereichen noch in der Entwicklung stecken.
Von Dachsen ist gut bekannt, was man an einem toten Tier alles erkennen kann, denn sie werden oft auf der Strasse überfahren, wenn sie auf ihren nächtlichen Streifzügen auf Wiesen, Feldern und in den Wäldern unterwegs sind. Auch ihre Baue, die ausgedehnte Tunnel- und Höhlensysteme umfassen können und oft während Generationen von einem Clan bewohnt werden, sind gut erforscht und verraten eines: Dachse sind unglaublich grabtüchtig und verbringen mehr Zeit unter dem Boden als an der Erdoberfläche. Doch wenn es darum geht, was sie nachts so alles treiben, wird das Wissen spärlich. Heimliche Annäherung Zwei Schweizer Tierfilmer, Felix Labhardt und Jost Schneider, haben sich in Zusammenarbeit mit «NETZ NATUR» auf unterschiedliche Weise den Dachsen angenähert: Felix Labhardt hat sich zunutze gemacht, dass im Sommer die Nächte kurz sind - zu kurz für die Dachse, um sich ausreichend zu ernähren. Im letzten Licht der Dämmerung hat er während Jahren einen Dachsclan vor ihrem Bau beobachtet und gefilmt. Jost Schneider hingegen nutzte bei einer anderen Dachsfamilie die Technologie von unbemannten Videofallen, die bei Bewegung automatisch auslösen, und hat so viele Szenen aus dem Leben der Dachse heimlich aufgezeichnet. Unglaubliches auf Video Das umfangreiche Videomaterial bringt Einzelheiten ans Licht: Dachse sind unglaublich verspielt, aber auch ab und zu griesgrämig. Wie bei allen Lebewesen gibt es unterschiedliche Charaktere - Männer etwa sind fürsorglich und zärtlich, können aber auch grobe Machos sein, die nichts anbrennen lassen. Die Jungen spielen unermüdlich und oft ohne Grenzen: Immer wieder lassen sie laut hören, wenn etwas weh tut. Geduld und unbemannte Kameras brachten zutage, wie sehr Dachse mit ihren Nachbarn, den Füchsen, im Konflikt stehen - überraschende Videoszenen belegen das konfliktgeladene Verhältnis der beiden ungleichen Arten: So lassen die Füchse gerne von den Dachsen bequeme und sichere Höhlen graben - und schmeissen die Schwerarbeiter dann gewalttätig raus. Doch diese wissen sich auf ganz andere Art zu revanchieren. Neues Bild der alten Art «NETZ NATUR» zeigt ein völlig neues Bild der Dachse, der grössten Marderart hierzulande, und geht auch der bewegten Geschichte dieser Tiere auf den Grund: Von den erstaunlich präzisen Beschreibungen und Zeichnungen alter Chronisten über die Beinahe-Ausrottung der Dachse im Kampf gegen die Tollwut in den frühen 1970er-Jahren. Die Sendung wirft auch einen kritischen Blick auf die Behauptung, dass Dachse gefährliche Krankheiten übertragen sollen. So entsteht ein Porträt über eine wenig bekannte Tierart, wie man es noch nie gesehen hat.
Mittagsausgabe
Vor 10'000 Jahren begann in gebirgigen Gebieten der Südtürkei und des Westirans eine spannende Geschichte zwischen Tier und Mensch, die für beide tiefgreifende Konsequenzen hatte: Menschen begannen, wilde Ziegen und Schafe, die sie vorher während Jahrtausenden gejagt hatten, in Gehegen zu halten, sie zu zähmen und schliesslich kontrolliert zu züchten, um ihr Fleisch und ihre Häute, später auch ihre Milch und die Wolle zu nutzen. Ein «NETZ NATUR»-Team filmte in der Südtürkei die letzten frei lebenden Bezoar-Ziegen, die als wilde Urahnen der hiesigen Hausziegen gelten. Schon bei diesen Dreharbeiten wurde deutlich, weshalb Ziegenböcke mit ihrem gewaltigen Appetit auf Sex in der abendländischen Kultur zum sündhaft-teuflischen Symbol wurden. Ihre Neugier, ihre rasche Lernfähigkeit und ihre Fähigkeit, soziale Beziehungen einzugehen, sorgten dafür, dass sich Ziegen mit den Menschen verstanden und sich halten und führen liessen. Das war für die damaligen Menschen in der Jungsteinzeit weitaus weniger mühsam, als Ziegen und Schafe zu jagen. Vor allem liess sich aber mit lebenden Tieren Handel treiben, und man konnte sie bei den ersten Ackerbaugemeinschaften im südlicher gelegenen fruchtbaren Halbmond gegen Produkte von den Feldern eintauschen. In den folgenden Jahrtausenden traten die Ziegen als Nutztiere ihren Siegeszug um die Welt an und sind heute auf allen Kontinenten zu finden. Vor allem in den trockenen, südlichen Alpengebieten waren Ziegen seit der Römerzeit nicht wegzudenken und wurden schnell zum Nutztier Nummer 1. «NETZ NATUR» zeichnet diese Geschichte nach und zeigt das faszinierende Verhalten der Ziegen auf einer Alp im Tessin. Die Sendung illustriert den Werdegang dieser eigenwilligen Haustiere bis in die heutige Zeit an vielen Beispielen und geht unter vielem anderen der Frage nach, was heute manche Ziegenhalter an den Hörnern ihrer Tiere so stark stört, dass sie sie entfernen wollen.
Mittagsausgabe
Die frechsten Nutztiere des Menschen haben einen teuflischen Charme. «NETZ NATUR» fragt nach, weshalb ausgerechnet dieses Teufelssymbol zu Ostern so gern verspiesen wird. Um 1900 gab es allein in der Schweiz rund vierzig verschiedene Ziegenrassen, die genutzt wurden. Heute ist diese Vielfalt zum grossen Teil verschwunden. «NETZ NATUR» zeigt, wie die Menschen lebten, die auf die Ziegen angewiesen waren, und weshalb sie heute einen grossen Teil ihrer einstigen Bedeutung verloren haben. Im Gegensatz zu früher gibt es nur noch wenige Ziegenherden, die professionell für die Käseproduktion, das Gitzifleisch oder für die Gewinnung von Ziegenleder gehalten werden. Einige alte Bergrassen verdanken ihr Überleben engagierten Profis, die Ziegen als wichtiges Element einer alternativen, ursprünglichen Berglandwirtschaft erhalten wollen. So gelang es etwa in einer abenteuerlichen Rettungsaktion von Bergbauern in der Südschweiz, in Zusammenarbeit mit Pro Specie Rara, die Capra grigia, die Graue Bergziege, als Rasse zu retten und zu erhalten. Ziegen sind bei freier Haltung ständig in Bewegung und vermeiden so, mit ihrem Kot in Kontakt zu kommen. Werden sie lange Zeit am selben Ort gehalten, werden sie krank. Auf Standweiden lassen sich Ziegen nur unter starken Antiparasiten-Medikamenten halten. Doch es bilden sich immer mehr resistente Krankheitserreger, die diese Ziegenhaltung bedrohen. «NETZ NATUR» zeigt auf, welche Auswege es aus dieser Situation gibt Auch die zweite Ziegensendung nähert sich aus verschiedenen Blickwinkeln dem Wesen dieser faszinierenden Tiere und stellt die Frage, ob das älteste Haustier des Menschen in den Alpen überhaupt noch eine Zukunft hat: wenn, dann nur dank natur- und traditionsbewusster Profis und weil viele Konsumentinnen und Konsumenten naturnahe Landwirtschaftsprodukte schätzen. So haben vielleicht die naturgerecht gehaltenen Ziegen in den Alpen eine neue Chance.
Mittagsausgabe
Es wird langsam Abend, die Sonne streift die letzten Baumwipfel, die sich im ruhigen Wasser spiegeln. Weiter hinten ruft ein Schwarzspecht, und gut versteckt am Biberteich sitzt Ueli Iff. Er wartet. Er achtet auf die Fische im glasklaren Wasser unter dem Biberbau und hält Ausschau nach kleinen Wellen an der Wasseroberfläche. Es ist Zeit für die Biber, aus ihrem Bau zu kommen. «Tiere zu beobachten heisst Geduld haben und vor allem warten», sagt Ueli Iff. Er geniesse diese Zeit, bevor die Biber auftauchen, die Spannung, was an diesem Abend wohl geschehen wird. Dann plötzlich und ohne jegliche Ankündigung taucht ein Biber auf. Er hält die Nase hoch, dreht eine kleine Runde und schaut sich um. Dann steuert er zielstrebig auf einen kleinen Strand am Ufer zu. Er klettert aus dem Wasser und beginnt sich das Fell einzufetten. Es ist ein stattliches Tier, und jetzt wird auch klar: Der Biber ist eine Sie. Die Zitzen zwischen den Vorderbeinen verraten, dass diese Biberdame Junge hat. Am nächsten Morgen bei sich zu Hause hält Ueli Iff die Szene in seinem Skizzenbuch fest. «Ich habe auch schon versucht zu fotografieren, doch da muss ich mich viel zu stark auf die Technik konzentrieren», erklärt er. Ueli Iff beobachtet lieber ganz in Ruhe, prägt sich alles ein und bringt es dann später zu Papier. Ueli Iff ist einer von vielen Menschen in der Schweiz, die sich intensiv mit den Bibern beschäftigen - so auch Vincent Chabloz, der einen ganzen Film über eine Biberfamilie am Neuenburgersee gedreht hat. Er hat die Tiere zwei Sommer lang begleitet und mit viel Geduld an sich gewöhnt. So gelangen ihm seltene Aufnahmen der spielenden Jungen vor dem Bau. Durch das lange Beobachten kannte er bald die Schwimmrouten der Biber und konnte sie so auch unter Wasser filmen. Dort zeigen die Tiere, die an Land eher plump wirken, plötzlich eine überraschende Eleganz. Biber bei Tageslicht filmen, das geht nur im Sommer, wenn die Tage genügend lang sind - und auch nur dort, wo die Vegetation den Einblick in ihren Lebensraum erlaubt. Im Winter verlassen die nachtaktiven Tiere ihren Bau erst bei Dunkelheit. Bei einem Tier, das seinen Lebensraum so stark beeinflusst wie der Biber, kann die Stimmung rasch kippen, und ein willkommener Rückkehrer wird plötzlich politisch zum Schädling degradiert. In der Sendung vom Mai 2013 hat sich «NETZ NATUR» den Konflikten zwischen Menschen und Bibern gewidmet. In einer zweiten Sendung zeigt «NETZ NATUR» nun die Wichtigkeit dieser Tiere für ihre Umwelt und die Faszination, die das Schaffen der Biber auf viele Menschen in der Schweiz ausübt. Für sie sind die von Bibern gestalteten Naturräume eine Bereicherung in der vom Menschen bis in die letzten Winkel ausgenützten Landschaft des Mittellandes. Doch wie sähe es aus, wenn man den Bibern in der Schweiz freien Lauf liesse? Diesen Blick in eine mögliche Zukunft erlaubt eine Reise in den Nordosten Polens.
Mittagsausgabe
Ein Fichtenwald steht unter Wasser, Hunderte junge Eichen liegen kreuz und quer am Boden, und im Zuckerrübenfeld klafft ein grosses Loch. Was den Naturfreund in fasziniertes Staunen versetzt, tut dem Förster oder Bauern in der Seele weh. Seit der letzten Sendung von «NETZ NATUR» über Biber vor 13 Jahren hat sich einiges getan. Von damals rund 350 Tieren hat sich der Bestand in der Schweiz stark entwickelt, und man rechnet heute mit über 2000 Tieren. Viele Flüsse und Seen sind besiedelt, und immer öfter suchen junge Biber ein Zuhause in kleineren Seitenbächen. Dort ist ihr gestalterischer Einfluss um ein Vielfaches höher, denn anders als am grossen Fluss bauen sie hier Dämme und stauen das Wasser je nach Topographie der Landschaft kilometerweit - zum Beispiel im Berner Seeland, wo die Biber die Drainagen der Felder sabotieren und so das Wasser in ein Gebiet zurückbringen, das früher einmal Sumpfland war. Eine neue Jagdverordnung weicht den strengen Schutz der Biber auf, und der Ruf nach deren Regulierung wird immer lauter. Man will es machen wie in Bayern, wo sich die Biber nach der Wiederbesiedlung besonders rasch verbreitet haben. Biber werden dort in Fallen gefangen und geschossen. So will man ganze Gebiete biberfrei halten. Doch sobald ein Revier leer ist, kommt ein neuer Biber nach, und das ganze Spiel beginnt von vorne. So stark wie der Widerwille Einzelner gegen den Biber und dessen Gestaltungskraft ist, so gross ist auch die Faszination, die dieses Tier bei vielen Menschen auslöst. Über zwei Jahre hat Bruno Schelbert an einem kleinen Bach im Aargau eine Biberfamilie beobachtet. Seine Infrarotaufnahmen zeigen die nachtaktiven Tiere beim Burgbauen, beim Bäumefällen und wie sie sich gegenseitig das Fell kraulen. Und sogar Aufnahmen von der Mutter mit den Jungen beim Säugen im Bau sind ihm gelungen. Auch Vincent Chabloz haben es die Biber angetan. In einem Naturschutzgebiet am Neuenburgersee hat sie der Tierfilmer zwei Sommer lang begleitet. Die Tiere haben sich rasch an seine Anwesenheit gewöhnt und so gelangen ihm noch bei Tageslicht sensationelle Aufnahmen der Biberfamilie - über und unter Wasser. Gar nicht scheu ist eine ältere Biberdame am Rhein bei der Tössegg. Pünktlich um sieben Uhr verlässt sie abends ihren Bau und lässt sich unter staunenden Blicken von Badegästen dem Ufer entlang zum nahe gelegenen Zuckerrübenfeld treiben. Dort gelang es dann auch, die Biberdame beim Rübenklau zu filmen. Im Nordosten Polens gibt es noch Flusslandschaften, die weitgehend von Begradigungen und Entwässerungen verschont geblieben sind, und Wälder, wo nicht jeder Baum einen Besitzer hat. Wie in den Naturparks Polens war Europa einst dicht von Bibern besiedelt. Ihre Dämme stauten Abertausende kleine und grosse Seen, umgeben von offenem Grasland. So sorgten die Biber für ein abwechslungsreiches Mosaik aus Wald, Wasser und Wiesen - Weideland für die Rothirsche, Elche und Wisente und Lebensraum für eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten.
Hans Conrad Escher von der Linth, ein gefeiertes und verehrtes Zürcher Multitalent des 19. Jahrhunderts, würde sich wohl im Grabe umdrehen: Was der Pionier als gefeierter Ingenieur geschafft hatte, die Eindämmung und Begradigung der Linth zwischen Walensee und Zürichsee, wird heute mit Baggern aufgebrochen und teilweise rückgängig gemacht. Gewinnen soll die Natur, die man einst so vehement bekämpft hatte. Seltene Pflanzen und Vogelarten, Reptilien, Amphibien und Fische kehren zurück. Und selbst Säugetiere wie Iltis und Biber werden wieder heimisch. All das ist Teil einer dramatischen Geschichte über das Wechselspiel zwischen Mensch und Natur im Laufe der Zeit: Dass die Flüsse der Linthebene den Menschen vor 250 Jahren plötzlich Ungemach bereitet hatten, war selbstverschuldet. Durch massives Abholzen der Wälder in den umliegenden Bergen schwollen die Wassermassen immer wieder derart an, dass die Wasserkraft den Flusskies, das Geschiebe, anhäufte. Dieses Geschiebe behinderte den Abfluss und setzte die Ebene zwischen Walensee und Zürichsee immer wieder unter Wasser. Landverlust und die Verbreitung von Krankheiten waren die Folge. Da erschien Escher von der Linth als grosser Retter, als er die Flüsse im sogenannten Linthwerk in seine Schranken wies und das Land rundum trockenlegte und nutzbar machte. Nicht nur in der Linthebene wird heute Umgebungsland wieder der natürlichen Dynamik der Flüsse ausgesetzt, sondern auch anderswo im Land: Die Aare im Wasserschloss des Kantons Aargau oder die Thur in den Kantonen Thurgau und Zürich sind nur zwei von vielen. So will es auch das Gesetz: Der Schutz des Menschen vor Hochwassern soll mit der Natur und nicht gegen sie erreicht werden. Und es sollen wieder natürliche Flusslandschaften mit reicher Artenvielfalt entstehen. Dem Wasser Raum geben, wenn es diesen braucht, heisst die Devise, denn bei mächtigen Hochwassern vergangener Jahrzehnte hatten selbst hohe Dämme schlimme Schäden nicht verhindern können. Daraus hat man gelernt und schafft heute Flächen, welche die Flüsse bei Hochwasser überschwemmen und sich ohne Schäden verlaufen sollen. Als willkommene Begleiterscheinung gibt das der Natur Gelegenheit, sich in unerwarteter Vielfalt zu entwickeln. «NETZ NATUR» beobachtet diesen Prozess mit der Kamera und lädt zu eindrücklichen Naturspektakeln am Flussufer ein: Zum ungleichen Nachtgesang von Nachtigall und Laubröschen, zum Morgenkonzert der Singvögel oder zum Laichreigen der Fische. Besuche auf den Baustellen der Biber, die auch zu Konflikten führen, oder an der Nesthöhle der Eisvögel werden zum Erlebnis. Selbst in jedem unscheinbaren runden Kieselstein auf der Schotterbank steckt ein Geheimnis. So wird deutlich, wie viel Natur in den Auenwäldern gleich vor der Haustür wieder aufblüht.
Vorabendausgabe
Vorabendausgabe
Pflanzliche Käse-Alternativen haben den Winterthurer Raffael Wohlgensinger nie überzeugt. Deshalb hat er vor fünf Jahren in Berlin sein eigenes Start-up gegründet. Sein Ziel: im Labor «echte» Milchprodukte herstellen, aber ohne Tiere. Sondern mithilfe von Mikroorganismen wie Bakterien oder Hefepilzen. Mittlerweile arbeiten für die Firma des 30-Jährigen fast 100 Personen. Von Investoren erhielt er eine Rekordfinanzierung von 52 Millionen Euro. Dieses Jahr, 2024, kommen die ersten Produkte auf den Markt. Reporter Christoph Muggler begleitet seinen Schulfreund Raffael Wohlgensinger auf dem Weg dahin.
Vorabendausgabe
Vorabendausgabe
In den Seen tickt eine Zeitbombe, die jahrelang unterschätzt wurde: Die rasante Ausbreitung der invasiven Quagga-Muscheln. Sie bedrohen das ökologische Gleichgewicht und verursachen Millionenschäden in Wasserwerken. Forschende und Seeregionen bekämpfen einen Feind, der nicht zu bezwingen ist.
Am Beispiel von zwei kleinen Bergdörfern in der bündnerischen Val Lumnezia, Camuns und Tersnaus, zeigt der Film, dass durch den Ausverkauf der Häuser leere, ausgestorbene Dörfer entstehen. Jugendliche oder junge Familien, die gerne in den Bergen leben würden, haben das Nachsehen. Sie finden kaum noch Wohnungen, geschweige denn haben sie die Möglichkeit ein Eigenheim zu bauen. Camuns und Tersnaus stehen für viele Bergdörfer, die sich in den letzten Jahrzehnten dramatisch entvölkert haben. Der Bündner «DOK»-Autor Gieri Venzin hat die beiden Dörfer über zwei Jahre lang besucht. Entstanden ist ein Film, der die dringende Frage stellt, wie sich die Bergregionen entwickeln sollen. Wollen wir Dörfer, die nurmehr der Erholung dienen oder Orte, wo Menschen tatsächlich leben?
Es ist jedes Mal ein Wunder, wenn ein Kalb zur Welt kommt. Klitschnass und hilflos flutscht es nach langen, mühevollen Wehen aus der Kuh, hebt bald den Kopf, tut den ersten Schnauf und schaut mit seinen grossen Augen ungläubig in die neue Welt. So geschieht es immer gleich, seit acht Jahrtausenden, seit der Mensch im Nahen Osten aus dem wilden Urrind ein zahmes Haustier züchtete. Doch was nach der Geburt kommt, könnte unterschiedlicher nicht sein: Ob ein Kalb in einer Sommernacht auf einer Weide unter dem Apfelbaum zur Welt kommt oder im tiefen Strohbett einer Bretterbox im Stall das Neonlicht der Welt erblickt, ist bezeichnend für sein Schicksal. Hat es eine steile Karriere vor sich, als Superkuh mit einem Euter, aus der Zehntausende von Litern Milch gemolken werden? Oder wird es in einer Herde bei der Mutter auf der Weide aufwachsen und dann mit zehn Monaten in den Schlachthof gefahren und zu Rindfleisch verarbeitet? Zwei Geburten als Ausgangspunkt einer Reise durch die «Rindvieh-Szene Schweiz»: Wie hat sich das Leben von Kälbern, Rindern und Kühen in den letzten 20 Jahren verändert, seit «NETZ NATUR» zum ersten Mal über das unbekannte Wesen der Kuh berichtete? Die Reise führt in Ställe mit schier unglaublicher Milchleistung, zu Mutterkuhherden auf den Weiden mit ihren verspielten Kälbern, auf Alpen mit stolz behornten Kühen und solchen, die hornlos unter ungeheurem Körpereinsatz alles geben. Sie zeigt, was aus Kühen wird, die als Produktionsfaktor zu Spielbällen einer immer atemloseren Landwirtschaftsentwicklung werden, und solchen, die mehr sein können als nur Milch und Fleisch. «NETZ NATUR» führt durch Drama und Idylle, enthüllt Bedenkliches, entdeckt Heiteres gleichermassen und zeigt Bauern im Dilemma, wenn es um Wirtschaftsleistung und ums Wohl der Tiere geht. Der genaue Blick auf das Tier zeigt, wo dessen Möglichkeiten und seine Grenzen liegen und weshalb diese unter wirtschaftlichem Druck nur allzu oft überschritten werden. Das «NETZ NATUR»-Team hat viele Bauern getroffen, die wirtschaftlichen und politischen Zwängen völlig ausgeliefert sind und den Tierarzt und seine Medikamente liebend gern weniger häufig auf dem Hof hätten, als es für ihre Tiere nötig scheint. Beim Nutztier Rind zeigt sich jedoch einmal mehr, dass gesunde Nahrungsmittel letztlich nur mit natürlich gesunden Tieren zu produzieren sind. «NETZ NATUR» hat vielversprechende Ansätze zu neuen alten Rinderrassen gefunden und zeigt, dass «Geiz ist geil!» bei Milch und Fleisch immer auf Kosten der Tiere geht. Ungesunde Entwicklungen in der Tierhaltung fallen auch beim Rindvieh unweigerlich wieder auf die Menschen zurück - und dies schmerzlicher, als ihnen lieb ist. Insofern haben in diesem Land, das sich nur allzu gern über Kühe, Käse und Milchschokolade verkauft, nicht nur Bauern und Politiker, sondern alle etwas zur Kuh-Schweiz zu sagen - und zu entscheiden.
Spätausgabe
Spätausgabe
Wer grosse Waldrinder wie den asiatischen Gaur oder den europäischen Wisent studiert, hat auch schnell eine Vorstellung vom Verhalten und den natürlichen Bedürfnissen der hiesigen Hausrinder - denn auch sie stammen von einem wilden Waldrind ab, das vor rund 400 Jahren ausgestorben ist - vom Ur. Rinder sind Herdentiere, die langjährige, stabile Gemeinschaften mit Kühen und ihren jeweiligen Kälbern entwickeln. Die Herden sind ständig in Bewegung, sodass sie die Vegetation nicht übernutzen und mit dem Kot auch ihre Parasiten stets hinter sich lassen. Die Hörner dienen nicht nur als wirksame Waffen gegen Feinde und Artgenossen, sie sind auch ein wichtiges Kommunikationsmittel innerhalb der Herde - sogar auf Distanz, ohne jede Berührung. Auf zur Tierfabrik? Heute werden bei der wirtschaftlichen Nutzung des Hausrindes oft viele grundlegende biologische Bedürfnisse der Tiere missachtet. «NETZ NATUR» nähert sich dem Naturell unserer Kühe und zeigt auf, wie sich in den letzten 20 Jahren die intensive Nutzung immer mehr von den natürlichen Bedürfnissen der Tiere entfernte: Die Leistungssteigerung bei Milch und Fleisch und die damit verbundenen Züchtungen und Haltungsformen vernachlässigen immer stärker das, was eine Kuh tatsächlich braucht. Auch die Schweiz bewegt sich immer mehr in Richtung einer Tierhaltung, die vielerorts im Ausland Standard ist: Tausende von Rindern für die Fleischmast oder Kühe für die Milchproduktion, die auf kleinstem Raum mit Hormonen und importiertem Kraftfutter skrupellos zur Höchstleistung getrimmt werden. Bauern ohne Alternative? Noch ist die Schweiz nicht ganz an diesem Punkt angelangt. Aber wenn die Politik die heimische Landwirtschaft für den internationalen Markt konkurrenzfähig machen will, ist dieser Weg vorgezeichnet. Viele Bauern sind darüber nicht erfreut - aber sie sehen keine andere Möglichkeit zu überleben: Wachstum oder Untergang heisst die Devise, was meist auf Kosten der Tiere geht, wie die Erfahrung zeigt. Doch muss man einfach hinnehmen, dass eine durchschnittliche Milchkuh heute im Alter von vier Jahren bereits wieder geschlachtet wird? Ist es unvermeidlich, dass viele Kälber getrennt von ihren Müttern so gehalten werden, dass sie in der Regel krank werden und deshalb routinemässig mit Antibiotika gefüttert werden müssen? Neben diesen scheinbaren, wirtschaftlichen Sachzwängen gibt es auch andere Trends im Land, die den Bedürfnissen der Kühe wieder besser gerecht werden. Mutige Pioniere orientieren sich mit neuen Produktionsformen von Milch und Fleisch am Wohl und Naturell ihrer Tiere, an der ökologischen Verträglichkeit ihrer Betriebe und an der Nachfrage im lokalen Markt: Sie setzen auf Qualität statt auf Quantität. Und vor allem auf eine nahe und intensive Beziehung zu ihren Tieren. Sie halten ihre Kühe in grossen, intelligent strukturierten Laufställen. Es sind dies tiergerechte Ansätze, die in vielen Bereichen noch in der Entwicklung stecken.
Vor 10'000 Jahren begann in gebirgigen Gebieten der Südtürkei und des Westirans eine spannende Geschichte zwischen Tier und Mensch, die für beide tiefgreifende Konsequenzen hatte: Menschen begannen, wilde Ziegen und Schafe, die sie vorher während Jahrtausenden gejagt hatten, in Gehegen zu halten, sie zu zähmen und schliesslich kontrolliert zu züchten, um ihr Fleisch und ihre Häute, später auch ihre Milch und die Wolle zu nutzen. Ein «NETZ NATUR»-Team filmte in der Südtürkei die letzten frei lebenden Bezoar-Ziegen, die als wilde Urahnen der hiesigen Hausziegen gelten. Schon bei diesen Dreharbeiten wurde deutlich, weshalb Ziegenböcke mit ihrem gewaltigen Appetit auf Sex in der abendländischen Kultur zum sündhaft-teuflischen Symbol wurden. Ihre Neugier, ihre rasche Lernfähigkeit und ihre Fähigkeit, soziale Beziehungen einzugehen, sorgten dafür, dass sich Ziegen mit den Menschen verstanden und sich halten und führen liessen. Das war für die damaligen Menschen in der Jungsteinzeit weitaus weniger mühsam, als Ziegen und Schafe zu jagen. Vor allem liess sich aber mit lebenden Tieren Handel treiben, und man konnte sie bei den ersten Ackerbaugemeinschaften im südlicher gelegenen fruchtbaren Halbmond gegen Produkte von den Feldern eintauschen. In den folgenden Jahrtausenden traten die Ziegen als Nutztiere ihren Siegeszug um die Welt an und sind heute auf allen Kontinenten zu finden. Vor allem in den trockenen, südlichen Alpengebieten waren Ziegen seit der Römerzeit nicht wegzudenken und wurden schnell zum Nutztier Nummer 1. «NETZ NATUR» zeichnet diese Geschichte nach und zeigt das faszinierende Verhalten der Ziegen auf einer Alp im Tessin. Die Sendung illustriert den Werdegang dieser eigenwilligen Haustiere bis in die heutige Zeit an vielen Beispielen und geht unter vielem anderen der Frage nach, was heute manche Ziegenhalter an den Hörnern ihrer Tiere so stark stört, dass sie sie entfernen wollen.
Spätausgabe
Spätausgabe
Von Dachsen ist gut bekannt, was man an einem toten Tier alles erkennen kann, denn sie werden oft auf der Strasse überfahren, wenn sie auf ihren nächtlichen Streifzügen auf Wiesen, Feldern und in den Wäldern unterwegs sind. Auch ihre Baue, die ausgedehnte Tunnel- und Höhlensysteme umfassen können und oft während Generationen von einem Clan bewohnt werden, sind gut erforscht und verraten eines: Dachse sind unglaublich grabtüchtig und verbringen mehr Zeit unter dem Boden als an der Erdoberfläche. Doch wenn es darum geht, was sie nachts so alles treiben, wird das Wissen spärlich. Heimliche Annäherung Zwei Schweizer Tierfilmer, Felix Labhardt und Jost Schneider, haben sich in Zusammenarbeit mit «NETZ NATUR» auf unterschiedliche Weise den Dachsen angenähert: Felix Labhardt hat sich zunutze gemacht, dass im Sommer die Nächte kurz sind - zu kurz für die Dachse, um sich ausreichend zu ernähren. Im letzten Licht der Dämmerung hat er während Jahren einen Dachsclan vor ihrem Bau beobachtet und gefilmt. Jost Schneider hingegen nutzte bei einer anderen Dachsfamilie die Technologie von unbemannten Videofallen, die bei Bewegung automatisch auslösen, und hat so viele Szenen aus dem Leben der Dachse heimlich aufgezeichnet. Unglaubliches auf Video Das umfangreiche Videomaterial bringt Einzelheiten ans Licht: Dachse sind unglaublich verspielt, aber auch ab und zu griesgrämig. Wie bei allen Lebewesen gibt es unterschiedliche Charaktere - Männer etwa sind fürsorglich und zärtlich, können aber auch grobe Machos sein, die nichts anbrennen lassen. Die Jungen spielen unermüdlich und oft ohne Grenzen: Immer wieder lassen sie laut hören, wenn etwas weh tut. Geduld und unbemannte Kameras brachten zutage, wie sehr Dachse mit ihren Nachbarn, den Füchsen, im Konflikt stehen - überraschende Videoszenen belegen das konfliktgeladene Verhältnis der beiden ungleichen Arten: So lassen die Füchse gerne von den Dachsen bequeme und sichere Höhlen graben - und schmeissen die Schwerarbeiter dann gewalttätig raus. Doch diese wissen sich auf ganz andere Art zu revanchieren. Neues Bild der alten Art «NETZ NATUR» zeigt ein völlig neues Bild der Dachse, der grössten Marderart hierzulande, und geht auch der bewegten Geschichte dieser Tiere auf den Grund: Von den erstaunlich präzisen Beschreibungen und Zeichnungen alter Chronisten über die Beinahe-Ausrottung der Dachse im Kampf gegen die Tollwut in den frühen 1970er-Jahren. Die Sendung wirft auch einen kritischen Blick auf die Behauptung, dass Dachse gefährliche Krankheiten übertragen sollen. So entsteht ein Porträt über eine wenig bekannte Tierart, wie man es noch nie gesehen hat.
Spätausgabe
Spätausgabe
Spätausgabe
Die frechsten Nutztiere des Menschen haben einen teuflischen Charme. «NETZ NATUR» fragt nach, weshalb ausgerechnet dieses Teufelssymbol zu Ostern so gern verspiesen wird. Um 1900 gab es allein in der Schweiz rund vierzig verschiedene Ziegenrassen, die genutzt wurden. Heute ist diese Vielfalt zum grossen Teil verschwunden. «NETZ NATUR» zeigt, wie die Menschen lebten, die auf die Ziegen angewiesen waren, und weshalb sie heute einen grossen Teil ihrer einstigen Bedeutung verloren haben. Im Gegensatz zu früher gibt es nur noch wenige Ziegenherden, die professionell für die Käseproduktion, das Gitzifleisch oder für die Gewinnung von Ziegenleder gehalten werden. Einige alte Bergrassen verdanken ihr Überleben engagierten Profis, die Ziegen als wichtiges Element einer alternativen, ursprünglichen Berglandwirtschaft erhalten wollen. So gelang es etwa in einer abenteuerlichen Rettungsaktion von Bergbauern in der Südschweiz, in Zusammenarbeit mit Pro Specie Rara, die Capra grigia, die Graue Bergziege, als Rasse zu retten und zu erhalten. Ziegen sind bei freier Haltung ständig in Bewegung und vermeiden so, mit ihrem Kot in Kontakt zu kommen. Werden sie lange Zeit am selben Ort gehalten, werden sie krank. Auf Standweiden lassen sich Ziegen nur unter starken Antiparasiten-Medikamenten halten. Doch es bilden sich immer mehr resistente Krankheitserreger, die diese Ziegenhaltung bedrohen. «NETZ NATUR» zeigt auf, welche Auswege es aus dieser Situation gibt Auch die zweite Ziegensendung nähert sich aus verschiedenen Blickwinkeln dem Wesen dieser faszinierenden Tiere und stellt die Frage, ob das älteste Haustier des Menschen in den Alpen überhaupt noch eine Zukunft hat: wenn, dann nur dank natur- und traditionsbewusster Profis und weil viele Konsumentinnen und Konsumenten naturnahe Landwirtschaftsprodukte schätzen. So haben vielleicht die naturgerecht gehaltenen Ziegen in den Alpen eine neue Chance.
Spätausgabe
Spätausgabe
Es wird langsam Abend, die Sonne streift die letzten Baumwipfel, die sich im ruhigen Wasser spiegeln. Weiter hinten ruft ein Schwarzspecht, und gut versteckt am Biberteich sitzt Ueli Iff. Er wartet. Er achtet auf die Fische im glasklaren Wasser unter dem Biberbau und hält Ausschau nach kleinen Wellen an der Wasseroberfläche. Es ist Zeit für die Biber, aus ihrem Bau zu kommen. «Tiere zu beobachten heisst Geduld haben und vor allem warten», sagt Ueli Iff. Er geniesse diese Zeit, bevor die Biber auftauchen, die Spannung, was an diesem Abend wohl geschehen wird. Dann plötzlich und ohne jegliche Ankündigung taucht ein Biber auf. Er hält die Nase hoch, dreht eine kleine Runde und schaut sich um. Dann steuert er zielstrebig auf einen kleinen Strand am Ufer zu. Er klettert aus dem Wasser und beginnt sich das Fell einzufetten. Es ist ein stattliches Tier, und jetzt wird auch klar: Der Biber ist eine Sie. Die Zitzen zwischen den Vorderbeinen verraten, dass diese Biberdame Junge hat. Am nächsten Morgen bei sich zu Hause hält Ueli Iff die Szene in seinem Skizzenbuch fest. «Ich habe auch schon versucht zu fotografieren, doch da muss ich mich viel zu stark auf die Technik konzentrieren», erklärt er. Ueli Iff beobachtet lieber ganz in Ruhe, prägt sich alles ein und bringt es dann später zu Papier. Ueli Iff ist einer von vielen Menschen in der Schweiz, die sich intensiv mit den Bibern beschäftigen - so auch Vincent Chabloz, der einen ganzen Film über eine Biberfamilie am Neuenburgersee gedreht hat. Er hat die Tiere zwei Sommer lang begleitet und mit viel Geduld an sich gewöhnt. So gelangen ihm seltene Aufnahmen der spielenden Jungen vor dem Bau. Durch das lange Beobachten kannte er bald die Schwimmrouten der Biber und konnte sie so auch unter Wasser filmen. Dort zeigen die Tiere, die an Land eher plump wirken, plötzlich eine überraschende Eleganz. Biber bei Tageslicht filmen, das geht nur im Sommer, wenn die Tage genügend lang sind - und auch nur dort, wo die Vegetation den Einblick in ihren Lebensraum erlaubt. Im Winter verlassen die nachtaktiven Tiere ihren Bau erst bei Dunkelheit. Bei einem Tier, das seinen Lebensraum so stark beeinflusst wie der Biber, kann die Stimmung rasch kippen, und ein willkommener Rückkehrer wird plötzlich politisch zum Schädling degradiert. In der Sendung vom Mai 2013 hat sich «NETZ NATUR» den Konflikten zwischen Menschen und Bibern gewidmet. In einer zweiten Sendung zeigt «NETZ NATUR» nun die Wichtigkeit dieser Tiere für ihre Umwelt und die Faszination, die das Schaffen der Biber auf viele Menschen in der Schweiz ausübt. Für sie sind die von Bibern gestalteten Naturräume eine Bereicherung in der vom Menschen bis in die letzten Winkel ausgenützten Landschaft des Mittellandes. Doch wie sähe es aus, wenn man den Bibern in der Schweiz freien Lauf liesse? Diesen Blick in eine mögliche Zukunft erlaubt eine Reise in den Nordosten Polens.