19:10
Die auf vielen Sendern vorgenommene strikte Trennung von Politik- und Kulturnachrichten wird hier aufgehoben. Es werden Schnittpunkte aus beiden Bereichen präsentiert und Zusammenhänge dargestellt.
19:30
Munni, Heema und Chavi leben in unterschiedlichen Witwen-Ashrams in Vrindavan. Doch eines haben sie gemeinsam: Sie sind verwitwet und in die Heilige Stadt gekommen, um hier Zuflucht zu finden. Zuflucht vor der Demütigung und Ausgrenzung durch ihre Familien und ihr gesellschaftliches Umfeld. Witwen dürfen in Indien weder feiern, noch Freude empfinden, sie müssen weiße Kleidung tragen, die sie für alle sichtbar stigmatisiert, sie verdienen kein Geld und leben meist in bitterer Armut. Früher erwartete man von einer Witwe, dass sie sich mit dem Leichnam ihres Mannes verbrennen ließ. Der orthodoxe Hinduismus verlangt bis heute, dass sie strenge Regeln befolgen: Fastenzeiten, karges Essen, oft rasiertes Haar, kein Schmuck, kein Make-up und keine irdischen Freuden. Bindeshwar Pathak hat 1970 die NGO "Sulabh International" in Delhi gegründet, eine der wenigen indischen NGOs, die sich für Witwen einsetzt. 2014 legte er der Regierung einen Gesetzesentwurf zum umfassenden Schutz von Indiens Witwen vor - doch bis heute ist nichts passiert. Noch immer sind sie in weiten Teilen des Landes der Stigmatisierung ausgesetzt. Im März steht das große Holi-Fest an. Ausgelassen und jede Regel außer Kraft setzend werden dann die Menschen in ganz Indien feiern und sich dabei mit Farbpulver bewerfen. Dadurch sollen die sozialen Grenzen zwischen Herkunft, Glauben und Kasten verwischen. Auch in Vrindavan beginnt mit dem Gedenken an den verstorbenen Beschützer der Witwen, das Holi-Fest. Und zum ersten Mal seit langem, für einige zum ersten Mal überhaupt, tragen die Witwen Farbe auf ihren Kleidern und ihren Gesichtern, auch Heema, Munni und Chavi.
20:15
Der siebenjährige Amish-Junge Samuel ist der einzige Zeuge eines Mordes, dessen Spuren tief in ein korruptes Polizei-Netzwerk hineinführen. Um den Zeugen zu schützen, taucht Polizist John Book bei den Amish unter und verliebt sich in die Mutter des Jungen. Die daraus resultierenden Verwicklungen und kulturellen Auseinandersetzungen gefährden Books Mission, gerade als die Mörder den Jungen aufgespürt haben und zum finalen Schlag ansetzen. Die junge Amish-Witwe Rachel Lapp reist mit ihrem siebenjährigen Sohn Samuel zu ihrer Schwester nach Philadelphia. Unterwegs wird der Junge auf einer Bahnhofstoilette Zeuge eines Mordes. Die ermittelnden Polizisten unter der Leitung von John Book versuchen, dem scheuen Jungen Informationen über die Tat zu entlocken. Tatsächlich kann Samuel einen der Mörder identifizieren, den hochdekorierten Polizisten McFee. Book versucht, McFee zu stellen, und muss erleben, dass dieser - offensichtlich durch einen internen Tipp vorgewarnt - den Spieß umdreht und Book schwer verletzt. Um seine Verletzungen auszukurieren, die Ermittlungen verdeckt fortzuführen und den Jungen und seine Mutter zu schützen, taucht Book mit den beiden in ihrer Amish-Gemeinschaft unter. Das einfache Leben der Glaubensgemeinschaft, die sich an vorindustriellen Standards orientiert, und ihre tiefgläubige, gewaltfreie und solidarische Weltsicht faszinieren den Großstädter Book. Der gegenseitige Argwohn weicht einem zunehmenden Vertrauen. Doch als sich Book in Rachel verliebt, brechen die Konfliktlinien umso deutlicher wieder auf, denn Rachel wird auch von Amish-Bruder Daniel umworben, und die Gemeindemitglieder halten im Zweifel zusammen. Der daraus resultierende Zwist bringt Book in Bedrängnis. Zur gleichen Zeit haben die Mörder um James McFee das Versteck ausgemacht und trachten nun dem einzigen Zeugen, Samuel, nach dem Leben. Regisseur Peter Weir gelingt es auf eindrucksvolle Weise, die Balance zwischen Thriller-Elementen und poetischen, kulturkritischen Tönen zu wahren. Mit Harrison Ford und Kelly McGillis in den Hauptrollen standen ihm zwei der größten Stars der 80er Jahre zur Verfügung.
22:00
Es ist die Geschichte eines Körpers. Eines Körpers, für den sich der junge Harvey Keitel schämte, bevor er in dem Abschlussfilm "Wer klopft denn da an meine Tür?" (1967) erstmals vor der Kamera seines Freundes Martin Scorsese stand. Die Geschichte eines leidenden und verwahrlosten Körpers in "Bad Lieutenant" (1992), eines von Jane Campion meisterhaft inszenierten Körpers in "Das Piano" (1993). Und eines Körpers, der sich selbst zurücknimmt, um anderen - wie seinem Kollegen Robert De Niro - den Vortritt zu lassen, dabei aber auch Chancen verpasst. Keitel hätte groß rauskommen können, hätte er sich gegenüber Francis Ford Coppola kompromissbereiter gezeigt - und nicht so sehr mit der Hauptrolle in "Apocalypse Now" (1979) gerungen, die er nach wenigen Drehtagen wieder abgeben musste. Er wollte die Rolle nicht einfach spielen, sondern sie vollständig durchdringen. Coppola ersetzte ihn schließlich durch Martin Sheen. Keitels kompromissloser Anspruch, jede Rolle bis ins Innerste zu durchdringen, ist das Ergebnis einer engen künstlerischen Partnerschaft mit Martin Scorsese - und zugleich Ausdruck eines lebenslangen Gefühls, nie ganz dazuzugehören. Der Sohn jüdischer Emigranten aus dem New Yorker Stadtviertel Little Odessa hat viele Irrungen und Wirrungen durchlebt. Zunächst verpflichtete er sich bei der Marine, wurde zu einem Hoffnungsträger des New Hollywood und fiel dann in Ungnade. Als er sich beinahe vergessen wähnte, setzte er Anfang der 1990er Jahre mit "Bad Lieutenant" alles auf eine Karte - und wurde doch noch zum Liebling der Filmindustrie.
23:00
Iveta Apkalna begeistert als Virtuosin auf den bedeutendsten Bühnen der Welt - mit technischer Brillanz, künstlerischer Präzision und charismatischer Ausstrahlung. Die Konzert-Dokumentation begleitet die lettische Künstlerin ein Jahr lang durch ihren facettenreichen Alltag: von Riga über Paris, Zürich und Hamburg bis nach Latgale, ihre Heimat im Osten Lettlands - und schließlich zu einem beeindruckenden Konzert am Strand von Jurmala. Mit atmosphärischen Bildern und großer Nähe fängt der Film Momente ihrer Arbeit ein: intensive Konzerte, nächtliche Proben und konzentrierte Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen wie Paavo Järvi, Hilary Hahn, Esa-Pekka Salonen und Nico Muhly. Als international gefragte Konzertorganistin ist Apkalna an große Aufführungsorte mit dichtem Spielplan gebunden - Proben finden oft dann statt, wenn niemand sonst den Saal braucht: spätabends oder nachts. In dieser stillen, konzentrierten Zeit entstehen jene klanglichen Räume, in denen sich ihre Kunst voll entfalten kann. Nächtliche Proben, endlose Reisen - was bedeutet das für sie? Trotz eines engen Terminplans bewahrt Iveta Apkalna ihre innere Ruhe - und findet Ausgleich im Leben mit ihrer Familie, die ihr Rückhalt und Energiequelle zugleich ist. Der Film zeigt, wie Iveta Apkalna sich mit Disziplin, Kreativität und großer Hingabe ihrer Kunst widmet - und dabei die Orgel mit neuer Strahlkraft ins Rampenlicht rückt. "Jedes meiner Konzerte ist ein Fest für mich", sagt sie - und genau diese Haltung prägt auch ihr Spiel.
23:50
Die lettische Star-Organistin Iveta Apkalna wird weltweit für ihre Virtuosität gefeiert. Bei diesem Festkonzert begleitet sie dazu einer der bekanntesten Chöre Europas: der Staatschor Latvija. Gefeiert wird ein außergewöhnliches Instrument, das ein Zeugnis für die fortschrittlichen Errungenschaften seiner Zeit ist. Die Orgel des Rigaer Doms, die 1883 bis 1884 von der Orgelbauwerkstatt Walcker gebaut wurde, verkörpert den Höhepunkt der spätromantischen Orgelbau-Kunst. Das Programm des Konzerts, dass der NDR für ARTE aufgezeichnet hat, ist dementsprechend eine musikalische Reise durch Zeiten und Genres, mit der Iveta Apkalna das Instrument in all seinen Facetten präsentiert.
01:00
Spannung, Nervenkitzel, Serienmörder, Psychopathen aller Art und eine Vorliebe für kühle Blondinen - das ist es, was viele mit Alfred Hitchcock verbinden. Als "Master of Suspense" hat er die Lust an der Angst zu seinem Markenzeichen gemacht. Hitchcock war ein faszinierender Leinwandmagier und auch ein Fernsehstar, der komische wie furchteinflößende Effekte gleichermaßen beherrschte. Doch was weiß man über den Menschen hinter der berühmten Silhouette? Bei seinem letzten öffentlichen Auftritt dankte Hitchcock der Frau, die für ihn alles war: Ehefrau, Mutter der gemeinsamen Tochter, Ko-Drehbuchautorin, Cutterin und lebenslange Partnerin - Alma Reville. Hinter dem Namen Hitchcock verbargen sich in Wahrheit zwei Persönlichkeiten: Hitch und Alma. Von ihrer ersten Begegnung an bis zum Ende ihres Lebens arbeiteten sie eng zusammen und schufen in echter Gemeinschaftsarbeit Meisterwerke, die Filmgeschichte schrieben. Zwischen den beiden herrschte von Anfang an großes Vertrauen: Er begann einen Satz, sie vollendete ihn; er hatte eine Idee für einen Plot, sie entwickelte sie weiter. Auch bei der berühmten Duschszene in "Psycho" war Alma maßgeblich am Schnitt beteiligt. Die neue Hitchcock-Biografie rückt den legendären Regisseur durch diese besondere Beziehung in ein neues Licht. Neben Alma war Hitchcock als Regisseur vor allem von einer weiteren Frauenfigur fasziniert: der jungen, schönen und oft undurchsichtigen Blondine, beispielhaft verkörpert von Grace Kelly in "Bei Anruf Mord", "Das Fenster zum Hof" oder "Über den Dächern von Nizza". In vielen Filmen scheint Hitchcock auf den ersten Blick das klassische Motiv der schutzbedürftigen Frau zu bedienen. Doch häufig sind seine weiblichen Figuren den Männern überlegen und wenden das Geschehen am Ende zu ihren Gunsten.
02:00
Als er nach 17 Jahren aus dem Gefängnis entlassen wird, trägt Marvin Hacks mit 40 denselben Trainingsanzug, in dem er als Teenager verhaftet wurde. Mit seinem Skateboard macht er sich auf den Weg zurück nach Hause. Sein Zuhause ist New Hall, eine einfache, trostlose Kleinstadt im US-Bundesstaat Kalifornien, deren Bewohner Marvin die Ermordung der älteren Dame Mrs. Flintow nicht vergeben haben. Doch zumindest finden Marvin und seine todkranke Mutter Bernadette über Dosennudeln, Bier und nächtliche Kartenspiele wieder zueinander. Und auch an der jungen Delta findet Marvin Gefallen: an ihren schwarz-grün gefärbten Haaren, der Bomberjacke und ihrer ganzen Art. Was Marvin nicht weiß: Sie ist die Enkelin der Frau, die er getötet hat, und gehört zum Clan der Flintows. Der Familienclan gibt Marvin zu verstehen, dass für ihn in seiner Heimatstadt kein Platz mehr ist. Doch egal wie viel Marvin auch einstecken muss, er steht immer wieder auf - bereit, die Konsequenzen seiner Tat zu tragen, koste es, was es wolle. Seit "Lola rennt" (1998) gehört Franka Potente zu den bekannten Gesichtern des deutschen und internationalen Kinos. "Home" ist ihr Spielfilmdebüt als Regisseurin.
03:35
Vor der Kulisse des Börzsöny-Gebirges in Nordungarn entfaltet sich ein poetischer Naturfilm, der die dortige Fauna in eindrucksvollen Bildern zeigt. Die Natur wird in all ihrer Vielfalt und Tiefe erlebbar. Obwohl der Wald im Winter unter seiner hohen Schneedecke fast unbewohnt wirkt, sieht man vereinzelt Tiere nach Nahrung suchen. Im Frühling verlassen Grasfrösche und Erdkröten ihre Winterverstecke und wandern zu den Teichen, um sich zu paaren und ihre Eier abzulegen. Der Schwarzstorch kehrt aus Afrika zurück und beobachtet hungrig das Treiben. In den Felswänden schlüpfen junge Uhus. Der gefleckte Feuersalamander bringt seinen Nachwuchs in flachen Bachufern zur Welt, während zahlreiche Vögel mit dem Nestbau beginnen. Im Sommer ist der Wald erfüllt vom Summen zahlloser Insekten. Der Alpenbock-Käfer (Rosalia alpina) beginnt, seine Brutplätze zu verteidigen. In den Sand- und Lösswänden nisten die farbenprächtigen Bienenfresser, die Insekten jagen und ihren Nachwuchs aufziehen. Wildkatzen streifen durch das dichte Grün, während ihre Jungen neugierig die Umgebung erkunden. An der Schwelle zum Herbst, beginnt für viele Tiere eine entscheidende Phase. Die Gottesanbeterin vollzieht ihre letzte Häutung und Paarung - ein Ritual, das für die Männchen oft tödlich endet. Der Europäische Dachs legt sich Fettreserven für die kalten Monate an, obwohl er keinen Winterschlaf hält. Auch die Hirsche sind in dieser Zeit besonders aktiv, denn ihre Brunft kündigt das Ende des Sommers an. Die jungen Bienenfresser hingegen bereiten sich auf ihre lange Reise nach Afrika vor.
04:20
Leandro Silveira ist Jaguarexperte. Er und seine Frau, Tierärztin Anah Jácomo, haben im Institut IOP in Brasilien 20 Jaguaren ein neues Zuhause gegeben. Aber sie nehmen auch andere Tiere auf, die aus Notsituationen gerettet wurden: Affen, Papageien, Wölfe, Geier, Ameisenbären oder Tapire und noch andere, die ihnen die brasilianischen Behörden vermitteln. Tiago, ihr 16-jähriger Sohn, ist mit all diesen Tieren aufgewachsen. In der Zeit vor der Pandemie lebte er in der Stadt bei den Großeltern und ging dort zur Schule. Da war er immer der Junge aus der Wildnis. Sein Spitzname war "Jaguar-Junge". "Ich bin ja mit den Tieren aufgewachsen. Die kratzen und beißen zwar ein bisschen, aber manchmal sind sie mir sogar lieber als Menschen", kommentiert er. "Mogli 2.0", wie ihn seine Mutter nennt, ist permanent online; nicht so viel für Homeschooling, sondern eher als Influencer in den sozialen Medien. Auf Pirsch nach Jaguarspuren am Rio Araguaia zwischen Mücken und Gestrüpp, mit einer Giftschlange unter dem Esstisch, barfuß mit dem Moped in den Feldern und mit Jaguaren beim Spielen, Schwimmen, Chillen - all das klicken seine Follower inzwischen millionenfach an. Leandro Silveira unterstützt seinen Sohn und ist auch selbst in den sozialen Medien aktiv. "Naturschützer wissen, dass die Menschen nur das beschützen, was sie lieben, und nur das lieben, was sie kennen", sagt Leandro. So ist sein Ziel, den Menschen die nötigen Kenntnisse zu vermitteln.