17:50
Im September hat die Erde zwei Drittel ihrer Reise um die Sonne zurückgelegt. Mensch und Tier steht eine neue Zeit des Umbruchs bevor. Im südlichen Afrika wird es immer heißer und trockener. Ein hungriges Löwenrudel lauert Tieren auf Wassersuche auf. Hitzegeplagte Flusspferde müssen sich in immer kleineren Tümpeln drängen. Die Aggressivität steigt und führt oft zu blutigen Kämpfen. Die Rückkehr des Regens ist ein Segen für die Natur. In der Kalahari kehrt mit den ersten Wassertropfen das Leben zurück. Die Erdmännchen wagen sich mit ihren Jungen aus dem Bau und erteilen ihnen erste Lektionen in Sachen Nahrungssuche. Auch in den Tropenwäldern Kolumbiens beginnt die Regenzeit, und die Frösche singen ihr Ständchen. Auf dem australischen Kontinent sind September und Oktober Frühlingsmonate. Die Ebenen im Osten des Landes sind wieder grün, und bei den Kängurus gibt es einen wahren Babyboom! Die Männchen liefern sich erbitterte Boxkämpfe um die Gunst der Weibchen. Während die Kängurus sich über frisches Gras freuen, machen sich die Menschen an die Ernte. Im Südwesten Chinas wird im September der Reis geerntet - eine mehr als 10.000 Jahre alte Tradition, die heute Menschen auf der ganzen Welt ernährt. Die Tagundnachtgleiche im September markiert den Herbstbeginn auf der Nordhalbkugel. Die Tage werden kürzer, die Blätter verfärben sich und fallen zu Boden, die Landschaft verändert sich erneut. Im Wald wachsen Pilze, und die Tierwelt beginnt, sich auf den Winter vorzubereiten. Im Norden Kanadas machen sich die Karibus auf den Weg, um dem nahenden Winter zu entgehen. Die immer kürzeren Tage im Oktober sind für sie das Signal zum Aufbruch. Auf der Suche nach Weideland ziehen sie rund 600 Kilometer gen Süden - die längste bekannte Tierwanderung auf dem Landweg. Während ihrer gesamten Reise müssen sie sich vor hungrigen Wölfen in Acht nehmen. Auch in den Obstgärten Großbritanniens stellt der Winter eine Gefahr dar. Fleischfressende Hornissen füttern die nächste Generation, bevor sie selbst der Kälte erliegen. Bei Tonga hallt der Gesang verliebter Buckelwale durch den Südpazifik: Ein erbitterter Wettstreit zwischen den Männchen kündigt sich an.
18:35
Im November ziehen Millionen Monarchfalter in die mexikanischen Wälder, um dort zu überwintern. Der Legende nach sind die orangefarbenen Falter die Seelen verstorbener Ahnen, die zu ihrem jährlichen Besuch auf die Erde zurückkehren. Wie als Antwort auf die bunten Schmetterlingsschwärme feiern die Mexikaner den nicht minder bunten "Tag der Toten" - ein fröhliches Fest, auch wenn der Name dies nicht vermuten lässt. Am anderen Ende der Welt, auf Madagaskar, huschen die Lemuren wie kleine Geister durch die Wälder. Ihren Namen haben sie den "Schattengeistern der Verstorbenen" im alten Rom zu verdanken. Im November beginnt die Regenzeit und die possierlichen Primaten bekommen ihre Jungen. In Sambia, einem afrikanischen Binnenland, herrscht hingegen seit sieben Monaten Dürre. Millionen von Queleas, kleine Webervögel, lassen sich in atemberaubenden Schwärmen auf die Erde herabfallen, um an den letzten spärlichen Wasserquellen zu trinken - eine Flugtechnik, durch die sie lauernden Raubtieren entgehen. Dann fällt endlich wieder Regen. Die Landschaft verwandelt sich, und die Rotweber läuten mit ihrem Nestbau eine neue Jahreszeit ein. Im Licht des Vollmonds huldigen die Thailänder beim Loi Krathong, dem Lichterfest, der Königin des Wassers. Der Mondzyklus und die Erwärmung des Meeres vor den Küsten Australiens lösen ein beeindruckendes Naturphänomen aus: das Laichen der Korallen am Great Barrier Reef. Im Norden des Kontinents wird es immer wärmer und feuchter - schwierige Bedingungen für Flughunde, aber gute Karten für hungrige Süßwasserkrokodile. Auf der Weihnachtsinsel ist alles bereit für die spektakuläre Wanderung der Roten Landkrabben, die den Wald verlassen, um sich im Meer fortzupflanzen. Im Dezember werden auf der Arabischen Halbinsel die Tage kürzer, die Temperaturen sinken. Dies führt zur Bildung großer Nebelfelder über Dubai. Sie sind Vorboten der kalten Jahreszeit. In den hohen Breiten der Nordhalbkugel fällt erster Schnee. Der Winter hat begonnen. Ein Eurasischer Luchs und ein Wolfsrudel in Yellowstone zählen zu den wenigen Tieren, die dieser Jahreszeit perfekt angepasst sind. Weihnachten steht vor der Tür, und die Städte schmücken sich festlich. Am Himmel über der Arktis schillern Polarlichter. Ein ereignisreiches Jahr in der Wildnis der Erde geht zu Ende.
19:20
Die auf vielen Sendern vorgenommene strikte Trennung von Politik- und Kulturnachrichten wird hier aufgehoben. Es werden Schnittpunkte aus beiden Bereichen präsentiert und Zusammenhänge dargestellt.
19:40
Auf den Tag, an dem die Kirche ihren angestammten Platz verlässt, hat Stefan Holmblad Johansson mehrere Jahre lang hingearbeitet. Er ist beim Minenunternehmen LKAB zuständig für den Kirchenumzug. Doch auch persönlich ist er eng mit der Kirche verbunden, wie viele Menschen in Kiruna. Die Schweden haben die Kirche vor ein paar Jahren zum schönsten Gebäude des Landes gewählt. Der Umzug der Kirche wurde medienwirksam als Volksfest inszeniert. Dabei ist der Umzug für die meisten Menschen kein Grund zur Freude. Lina Brännström ist in der Nähe des alten Stadtzentrums aufgewachsen. Heute vermeidet sie, dorthin zu gehen. Die meisten verbliebenen Gebäude stehen leer, viele andere sind schon abgerissen. "Wir haben so viele Versprechungen bekommen, schöne Worte - doch am Ende ist alles nur Schutt", ärgert sie sich. Am meisten sorgt sie sich um den Musikverein "Tusen toner", tausend Töne, eine Institution in Kiruna. Seit 30 Jahren ist er in einem denkmalgeschützten Gebäude zu Hause, das jedoch, anders als die Kirche, offenbar nicht umziehen wird. Einen Ersatz gibt es nicht. Lina und ihre Freunde sehen für alternative Jugendkultur künftig in der Stadt keinen Platz mehr. Auch der Bergarbeiter Jari Söyrinki macht sich Sorgen. Lange seien Kiruna und das nahe gelegene Bergwerk in einem guten Sinne aufeinander angewiesen gewesen - doch der Umzug mache deutlich, dass die Stadt und ihre Menschen eigentlich nur noch gebraucht würden, um das Eisenerz aus der Erde zu holen - und die seltenen Erden, auf die man hier hofft. Kiruna drohe zu einer Kulisse zu werden, die für ihre Bewohner keine echte Heimat mehr sei.
20:15
Ein düsterer Novemberabend bei Mönchengladbach: Auf einer Landstraße wird eine bis zur Unkenntlichkeit entstellte Leiche gefunden - das Gesicht zerschunden, der Körper mehrfach überfahren. Die Polizei steht vor einem Rätsel: keine Papiere, keine Hinweise auf die Identität. Kriminalhauptkommissar Ingo Thiel und Rechtsmedizinerin Martha Stachowicz übernehmen. Die Sonderkommission "Frau ohne Gesicht" wird eingerichtet. Eine 3D-Rekonstruktion des Gesichts bringt erste Erkenntnisse: Die Tote war eine Frau Mitte 30, die ein Kind zur Welt gebracht hat. DNA-Spuren unter ihren Fingernägeln führen ins Leere. Doch als eine blutverschmierte Plastiktüte mit Kleidung und Täter-DNA gefunden wird, kommt Bewegung in den Fall. Eine Weinflasche vom Tatort stammt aus Venetien - die Spur führt nach Italien. In der TV-Sendung "Chi era testimone" ("Wer war Zeuge") wird das rekonstruierte Gesicht gezeigt. Daraufhin der Durchbruch: Eine Lederjacke aus dem Fund stammt aus einer Boutique in Venedig. Die Tote wird als Clara Krolmann identifiziert - geschiedene Kunsthistorikerin aus Düsseldorf. Claras Tochter Antonia, eine junge Künstlerin, ist nicht auffindbar. Stattdessen meldet sich der Kunsthändler Philipp Sass bei Thiel, der mit beiden Frauen in Beziehung stand. Neben Claras Ex-Mann gerät er ins Visier der Ermittler - und plötzlich überschlagen sich die Ereignisse ...
21:45
Als Diego Maradona in seinem Heimatland Argentinien der Durchbruch gelang, galt der Junge aus den Slums von Buenos Aires als bester Fußballspieler der Welt. Und doch blieb ihm der Erfolg nicht treu. Sein Engagement in Barcelona war ein Fehlschlag, bei dem er schwer verletzt wurde. Man hielt ihn für einen Problemspieler, der gerne auf Partys feierte und dem es schwerfiel, mit seinem Ruhm zurechtzukommen. Der SSC Neapel war zu diesem Zeitpunkt ein kränkelnder italienischer Fußballriese, der nie einen großen Wettbewerb gewonnen hatte und dem das Image des ewigen Versagers anhaftete. Nur in einer Sache war er unübertroffen: der Leidenschaft seiner Fans. Am 5. Juli 1984 kam Diego Maradona für eine Rekordablöse nach Neapel, und für sieben Jahre brach die Hölle los. In der wildesten Stadt Italiens wurde Maradona zum Inbegriff einer Fußballlegende. Mit Neapel gewann er 1987 die italienische Meisterschaft, dank der "Hand Gottes" 1986 den Weltmeister-Titel für Argentinien. Doch das Blatt wendete sich als Maradona mit der Mafia in Verbindung kam und eine Kokainsucht entwickelte. Seine persönliche Lage verdüsterte sich, er verleugnete seinen unehelichen Sohn und die Öffentlichkeit wandte sich gegen ihn. Aus dem atemberaubenden Aufstieg wurde ein beklemmender Abstieg. Aber das letzte Kapitel in seiner Karriere war noch nicht gekommen ...
23:50
Die "Bob Marley Uprising Tour" ging vom 30. Mai bis zum 13. Juli 1980 durch Europa und im September mit fünf Terminen in den USA weiter. Es war Bob Marleys letzte Konzerttournee vor seinem tragischen, frühen Tod - er wurde nur 36 Jahre alt. Mit der Tournee promotete die Reggae-Legende sein Album "Uprising", das am 10. Juni 1980 herauskam. Kurz danach, am 13. Juni, wurde in der Dortmunder Westfalenhalle das legendäre "Rockpalast"-Konzert des WDR aufgezeichnet, das 2014 erstmals offiziell in restaurierter und qualitätsoptimierter Form als DVD erschienen ist. Es zeigen Bob Marley and the Wailers, wie sie neben Titeln aus dem Album wie "Could You Be Loved" und "Redemption Song" auch Klassiker wie "I Shot the Sheriff" und "No Woman No Cry" zum Besten geben. Marleys charismatische Performance und Power lassen in keiner Weise erahnen, dass er bereits den Krebs im Körper hatte, dem er ein Jahr später erliegen sollte. Die meisten seiner Songs haben es bis heute längst in das große Geschichtsbuch der Populärmusik geschafft und nach diesem Konzert weiß man auch wieder warum.
00:50
Honduras ist ein vergleichsweise kleines Land zwischen Nicaragua, El Salvador und Guatemala - geprägt von biologischer und kultureller Vielfalt. Die Lage am Karibischen Meer mit dem zweitgrößten Korallenriff der Welt - dem Mesoamerikanischen Barriereriff rund um die Islas de la Bahía - macht Honduras zu einem Naturparadies. Obwohl die mittelamerikanische Landbrücke weniger als ein Prozent der Erdoberfläche ausmacht, entstanden hier über zehn Prozent aller heute bekannten Pflanzen- und Tierarten. Die Dokumentation reist durch urzeitliche Bergnebelwälder im Landesinneren, vorbei an scharlachroten Aras und Faultieren, hinein in verwunschene Höhlen mit Fledermäusen - bis zu den karibischen Stränden im Norden, an denen Leguane nach Jahrhunderten wieder ihren natürlichen Lebensraum besiedeln. Honduras ist das zweitgrößte Land Mittelamerikas und gilt mit seinen Nationalparks, dem kristallklaren Wasser und der außergewöhnlichen Tierwelt als verborgener Schatz des Kontinents.
01:35
Louis erfährt, dass er an einer unheilbaren Krebserkrankung leidet. Entschlossen, seine Autonomie zu wahren, beschließt er, seinen Besitz zu liquidieren und eine letzte Reise in die Schweiz anzutreten, wo assistierter Suizid legal ist. Für ihn ist die Ablehnung lebensverlängernder Medikamente und chemischer Abhängigkeit ein Ausdruck seines tiefen Wunsches nach Selbstbestimmung. Gleichzeitig werden fünf weitere Menschen aus verschiedenen Teilen der Welt zu ihrer Haltung gegenüber chemischer Unterstützung im Streben nach Glück und Wohlbefinden befragt: Addy, eine Jugendliche aus Massachusetts mit schlechten Schulnoten, erhält Amphetamine, um ihre Konzentrationsfähigkeit zu steigern. Patrick, der chronisch depressiv ist, ist auf psychiatrische Behandlungen und Anxiolytika angewiesen, um sein Leben zu bewältigen. Alzouma, ein junger Bauer aus Niger, der als Straßenverkäufer arbeitet, nimmt regelmäßig Opioide ein, um die Müdigkeit, Hitze und Schmerzen zu ertragen, denen er täglich ausgesetzt ist. Maris, ein Homosexueller aus Tel Aviv, nimmt täglich eine PrEP-Pille (Prä-Expositions-Prophylaxe) ein, um sich vor einer HIV-Infektion zu schützen. Yurica, eine Frau aus dem peruanischen Amazonasgebiet, die vier Kinder von drei verschiedenen Vätern großzieht, betrachtet Verhütungsspritzen als Mittel zur Emanzipation. Die Filmemacher Arnaud Robert und Paolo Woods porträtieren diese sechs Menschen in ihrem Werk, um eine philosophische Reise anzustoßen und das Verständnis von Glück und Wohlbefinden in unserer Gesellschaft zu hinterfragen. Dabei stehen die Erwartungen an individuelle Leistungsfähigkeit und die Suche nach schnellen Lösungen wie pharmazeutischen Produkten im Mittelpunkt.
03:10
Im Südwesten Indiens, an der Grenze zwischen den Bundesstaaten Karnataka, Kerala und Tamil Nadu, liegen die Nilgiri-Berge, was so viel wie "die blauen Berge" bedeutet. Sie gehören zu dem über 5.000 Quadratkilometer großen Biosphärenreservat Nilgiri, einem der artenreichsten Ökosysteme weltweit. Jahr für Jahr warten die seit Urzeiten als Jäger und Sammler lebenden Bergbewohner auf die Rückkehr der Riesenhonigbiene Apis dorsata, die das Jahr über auf Wanderschaft ist. Die Honigsaison dauert vier Monate. Den Nektar und Pollen liefern hauptsächlich die Blüten von vier Pflanzenarten: Naga, Koli, Biskoti und Aniké. In den "blauen Bergen" blühen diese Pflanzen während der vier Monate vor dem Monsun. Sobald ihre Blütezeit vorbei ist und die Bienen hier keine Nahrung mehr finden, suchen sie ein neues Trachtgebiet und wandern dafür bis zu 200 Kilometer weit. Bei der Apis dorsata handelt es sich um eine der aggressivsten Bienenarten der Welt, die ihre Nester in Baumwipfeln und an Felsüberhängen baut. Mit über zwei Zentimeter Länge ist die Apis dorsata fast doppelt so groß wie die meisten anderen Arten. Chinasami und Jadayan gehören zwei unterschiedlichen indigenen Volksgruppen an, vereint durch die Jagd nach dem begehrten Honig. Ein riskantes Unterfangen, das heutzutage kaum noch jemand wagt: Auf riskanten Kletterpartien hangeln sich die Honigsammler an Strickleitern an den steilen Felswänden entlang und verjagen die Riesenhonigbienen mit Rauch, um an die Waben zu gelangen. Chinasami und Jadayan wollen auch ihre Söhne und Neffen zu Honigjägern ausbilden, um die Existenz der Familien in Zukunft zu sichern und eine jahrhundertealte Tradition am Leben zu erhalten.
03:40
Vincent van Gogh dreht so langsam durch. Er hat nur noch ein Ohr und sein Bruder Theo macht sich Sorgen. Deshalb möchte er Vincent per Video-Telefonat die Gebärdensprache beibringen - vergebens ...
03:45
Fünf Jahre nach dem Brexit lässt sich feststellen, dass das Vereinigte Königreich und die Europäische Union nie wirklich alle Brücken abgebrochen haben. Trotz aller Bemühungen der Brexiteers, das Commonwealth zu einem "Global Britain" zu boosten und sich den USA anzunähern, geht jenseits des Ärmelkanals nichts ohne Brüssel, Berlin und Paris. Ob Handelsabkommen oder diplomatischen Partnerschaften: Die Beziehungen zwischen dem Inselstaat und dem Kontinent halten an. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hatte den Effekt eines Elektroschocks. Er erinnerte die Briten daran, dass ihr Schicksal eng mit dem Europas verknüpft ist. Das Vereinigte Königreich stärkte seither seine Beziehungen zu Deutschland und Frankreich und schloss einen Verteidigungs- und Sicherheitspakt mit der Europäischen Union ab. Vor einem durch die unvorhersehbare Politik Donald Trumps immer ungewisseren Hintergrund konsolidieren sich die Annäherungen zwischen Briten und Europäern, auch wenn die britische Öffentlichkeit bei diesem Thema immer noch uneins ist.
03:55
Das Kulturmagazin des Senders ARTE wird täglich aus Paris gesendet. Aktuelle Themen aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft stehen im Zentrum der Sendung und werden versiert unter die Lupe genommen.