Die norwegische Sopranistin Lise Davidsen hat sich in den vergangenen Jahren als Star am Opernhimmel etabliert. Mit ihrer persönlichen Interpretation der Heldin Tosca, aus der gleichnamigen Oper von Giacomo Puccini, begeisterte sie in ihrer Heimat sogar das Königspaar auf dem "Bergen International Festival". Mit einem Arsenal an Ausdrucksnuancen umschreibt Davidsen den Charakter der Floria Tosca: Ihre Naivität zu Beginn, die sie anfällig macht für die Einflüsterungen des erfahrenen Männerscheusals Scarpia. Hintergründig verschmitzt umgarnt sie zuvor ihren Cavaradossi. Demaskiert zeigt sich Tosca im zweiten Akt in ihrer brutalen Verletzlichkeit und entfaltet im dramatischen Finale einen wahren Klangkrimi. In der opulenten und historiengetreuen Arbeit des schottischen Regisseurs David McVicar erleben die Zuschauer die Puccini-Oper emotionsgeladen und an detailgetreu nachgebildeten Originalschauplätzen.
Mit dem "COLOURS International Dance Festival" wurde Stuttgart 2022 zum vierten Mal zum Nabel der internationalen Tanzwelt. "COLOURS" bildet das internationale Tanzgeschehen in einer repräsentativen Auswahl ab, auf der Höhe der Zeit und in vielfältigen künstlerischen Schattierungen. Im Mittelpunkt steht das überwältigende physische Ereignis Tanz. ARTE zeigt die deutsche Erstaufführung der Alexander Whitley Dance Company: "Anti-Body". Bits und Bytes flimmern im kalten Licht, dazwischen bewegen sich warme, wilde, expressive Körper. Der Brite Alexander Whitley, ein echter Technologie-Freak unter den Choreographen, tanzt durch digitale Welten und will wissen, was nach den Menschen kommt. Können wir außerhalb unseres Körpers existieren? Die Pandemie hat die Digitalisierung unseres sozialen Zusammenlebens beschleunigt, Großkonzerne gründen virtuelle Welten und unsere körperliche Erfahrung wird dematerialisiert. Das Stück "Anti-Body" untersucht, ob wir Menschen unsere Einzigartigkeit bewahren können oder irgendwann in Algorithmen aufgehen. Motion-Capture-Punkte auf den Körpern der Tänzerinnen und Tänzer projizieren sie direkt in die virtuelle Welt, verfremden und überhöhen ihre Bewegungen - als Avatare zerstäuben die Menschen in einer Schönheit, die unheimlich ist ...
Für Olivier Messiaen sind die Vögel "die größten Musiker, die unseren Planeten bewohnen". Ihre endlosen Melodien mit feinsten Tonabstufungen, ihr variantenreicher Gesang und die unendliche Vielfalt an Rhythmen sind das Lebenselixier des französischen Musikers. Anlässlich seines 30. Todestages am 27. April 2022 erzählt ARTE Olivier Messiaens Geschichte aus der Perspektive der Vögel. Messiaen lernt die Vögel schon in jungen Jahren kennen und als er mit Anfang 20 aus der französischen Provinz nach Paris kommt, flattern sie weiter in seinem Kopf. Als Organist der Pfarrkirche La Trinité in Paris sind sie es, die ihm ihre Gesänge anvertrauen, über die er improvisiert. Musikbegeisterte aus ganz Europa pilgern zu ihm. Wie ein Heiliger zieht er die Menschen an. Mit großer Spannung wird 1983 die Uraufführung seiner Oper in Paris erwartet: In "Saint François d'Assise" ("Der heilige Franziskus von Assisi") spielen die Vögel eine zentrale Rolle. Die Vögel sind für ihn etwas Metaphysisches, die direkte Verbindung zu Gott. Vor dem Hintergrund der "Stimme der Vögel" schildert der Film das bewegte Leben des Komponisten und Ornithologen Messiaen anhand von musikalischen Beispielen und Erzählungen ausgesuchter Gesprächspartner: Da ist der Dirigent Kent Nagano, die Cellistin Camille Thomas, die Ondes-Martenot-Interpretin Nathalie Forget und der Organist Thomas Lacôte, der Messiaen-Biograf Peter Hill, der DJ und Biologe Dominik Eulberg und nicht zuletzt Pierre-Laurent Aimard, der exemplarisch ausgewählte Passagen aus Messiaens "Catalogue d'oiseaux" ("Vogelkatalog") anschaulich erläutert.
Samuel Wilder (1906-2002) war Sohn jüdischer Eltern und wuchs in Österreich auf. Nach der Machtübernahme der Nazis siedelte der ehemalige Journalist zunächst nach Paris und später nach Hollywood über. Aufgrund seines großen Talents kam Wilder trotz mangelnder Englischkenntnisse bei Paramount unter Vertrag. Gemeinsam mit dem antisemitischen WASP Charles Brackett schrieb er die Drehbücher zu zwei Werken seines Mentors und Vorbilds Ernst Lubitsch: "Blaubarts achte Frau" und "Ninotschka" wurden zu Kassenschlagern des Goldenen Zeitalters. Aber Wilder zieht es hinter die Kamera. Mit seinem ersten amerikanischen Erfolgsfilm "Der Major und das Mädchen" (1942) bringt der Regisseur eine scheinbar leichtfüßige Liebesgeschichte mit pädophilen Zügen auf die Leinwand und zeichnet eine grausame und provokante Satire seiner neuen Wahlheimat. 1950 folgt "Boulevard der Dämmerung" mit Gloria Swanson und William Holden in den Hauptrollen. Die beiden Schauspieler gehören neben Jack Lemmon zu Wilders Favoriten. Der Film steht mittlerweile auf der Liste der besten Hollywoodfilme aller Zeiten. Wenig später verlässt der unbestrittene Meister der Komödie Paramount, um seine Unabhängigkeit zu wahren. Wilders persönlicher Lieblingsfilm ist "Reporter des Satans" (1951), eine scharfe Anklage gegen die Scheinheiligkeit so mancher Medien, die auch heute noch aktuell ist. Anhand von Ausschnitten aus seiner meisterhaften Filmografie und herrlich (selbst)ironischen Archiv-Interviews geht die Dokumentation dem Werk des legendären Billy Wilder auf den Grund.
Ende der 60er Jahre herrschte in Europa der Kalte Krieg zwischen West und Ost. Auch war das Bild der jungen deutschen Republik in den Augen vieler Menschen noch immer stark vom Nationalsozialismus beeinflusst. Deswegen sehnte sich das Land nach einem neuen Bild in der Weltöffentlichkeit. Da kam die Idee des Sportfunktionärs Willi Daume, Olympia 1972 nach München zu holen, gerade recht: Zusammen mit dem jungen Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel gelang es ihm tatsächlich, Deutschlands Image in der Welt zu verändern. "Licht - Luft - Öffnung", mehr Individualismus und Vielfalt, weg vom Bombastischen. Die Gestalter der Spiele Otl Aicher (Design), Günter Behnisch, Fritz Auer und Frei Otto (Architektur) und Günther Grzimek (Park) bekannten sich dezidiert zu demokratischen Prinzipien. Mit Olympia wollten die Macher das Versprechen der Moderne, das Versprechen von Freiheit und einem guten Leben einlösen, von Gleichheit und Emanzipation in einer offenen Gesellschaft. Ein "Woodstock des Sports" sollten die Spiele sein. Doch mitten in der Heiterkeit gab das Attentat auf die israelische Mannschaft einen bitteren Vorgeschmack auf die dunkle Seite der offenen Gesellschaft, den internationalen Terrorismus, der uns bis heute immer wieder erschüttert.
Würde es uns guttun, wenn wir uns häufiger in die Wildnis wagen würden? Ronja von Rönne macht sich auf die Suche nach dem Glück, das in Naturerfahrungen liegt: vom Waldbaden bis zur Segelreise durch die Arktis. Die systemische Naturtherapeutin Olivia Köhler bietet für Großstädter wie Ronja Retreats in der Wüste, an Flüssen und am Meer an, um sie zurück zur Natur und zu sich selbst zu führen. Was romantisch klingt, war ein weiter Weg gegen viele Widerstände. Denn Köhler war jahrelang auf einer anderen Schiene unterwegs: Nach ihrem Studium der Betriebswirtschaftslehre machte Köhler zunächst Karriere als Wirtschaftsberaterin, bevor sie ihren Lebensweg in Richtung Natur umlenkte. Der Filmemacher Sylvestre Campe ist mit Leib und Seele Abenteurer. Seine Eltern segelten mit ihm und seinen Geschwistern sieben Jahre lang um den Globus. Seitdem zieht es ihn an die extremen Orte dieser Welt - zu Land, zu Wasser und in der Luft. Glück findet er in den wilden, rauen und schönen Momenten, die es nur in der Natur zu erleben gibt. Jetzt bricht er wieder auf - für die Expedition seines Lebens: Mit einem Segelboot will er die Arktis durchqueren. Wie können wir uns wieder stärker mit der Natur verbinden? Und warum hat sie einen so positiven Effekt auf unser Wohlbefinden? Antworten auf solche Fragen geben auch die Psychologin Judith Mangelsdorf, der Oberarzt für Naturheilkunde Christian Keßler, der Philosoph Christoph Quarch, die Autorin Wakanyi Hoffman und Christelle Veillard, Expertin für die antike Schule der Stoiker.