Zum Abschuss freigegeben

Zum Abschuss freigegeben

Für die einen ist er der "König" der Wälder, für die anderen ein Schädling im Wald, der dezimiert werden muss: der Rothirsch. Im Harz wurde diese Hirschart nun zum Massenabschuss freigegeben. Mindestens 2.400 Tiere sollen erlegt werden, so der Auftrag der Jagdbehörden an die Reviere. Die Begründung für die ungewöhnliche Aktion, die es in Deutschland so bisher noch nicht gegeben hat: durch Umwelteinflüsse, wie etwa warme Winter, habe sich der Bestand innerhalb von zehn Jahren verdoppelt. Das Wild bedrohe die Wälder, die es zu retten gilt, mahnt die Behörde. Und außerdem entstünde durch den Wildfraß ein wirtschaftlicher Schaden in Millionenhöhe. Immerhin 40 Kilogramm Futter braucht ein Hirsch täglich. Er ernährt sich von Gras, Rinde und jungen Baumknospen.

Doch während die Verwaltung von einem wichtigen Waldschutzprogramm spricht, sehen die privaten Jäger in den Maßnahmen eine nicht waidgerechte "Totschieß-Aktion" und fordern zum ethischen Umgang mit der Kreatur auf. Der Streit spaltet die norddeutsche Jagdszene bis in die Landespolitik, so scheint es. Vom zuständigen Revierförster erwarten die Vorgesetzten, dass er den aufwendig mittels Steuergeldern angepflanzten und gehegten landeseigenen Wald schützt, indem er den Bestand von Rothirschen reduziert.

Die Jäger in Privatrevieren aber, die eine hohe Pacht für ihre Jagd bezahlen, wollen viel Wild sehen und es auf traditionelle Weise erlegen. "Wenn die Förster so weitermachen, wird der Rothirsch in absehbarer Zeit ausgerottet sein", meint Nikolaus Devin, ein Jagdpächter im Ostharz. Er fordert, dass die Reviere behutsam bejagt werden und man den Tieren immer wieder Ruhephasen gönnen sollte. Doch ist für den geschädigten Wald so viel Zeit vorhanden?

NDR Autor Lutz Wetzel geht der Frage nach, ob der Massenabschuss die einzige Möglichkeit ist, den Wald vor Wildfraß zu schützen. Er spricht mit Forstvertretern, Jägern, Umweltschützern und Biologen. Für seine Reportage begleitet er einen Förster bei der Arbeit und dokumentiert, wie schwierig es ist, eine so große Menge von Wild in kürzester Zeit zu erlegen, da die Tiere von Tag zu Tag scheuer und vorsichtiger werden. Bei einer solchen Abschusszahl geht es schon handwerklich an die Grenzen des Möglichen, meint der Waidmann. Ob er den geforderten Massenabschuss mit seinem Team tatsächlich bewältigen kann, ist fraglich. 70 Stück Rotwild sind für seine kleine Revierförsterei eine enorme Herausforderung.

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