Wir heiraten ja doch (1972)
Da bis in die Siebzigerjahre hinein junge Frauen von klein auf an die Vorstellung gewöhnt worden sind, nach dem Ende der Schulzeit ohnehin bald zu heiraten, nahmen sie Arbeitsprobleme offensichtlich nicht sonderlich ernst oder schwer. Die unausgesprochene Devise lautete: "Die paar Jahre Arbeit halten wir durch - wir heiraten ja doch!" Andererseits war es damals eine Tatsache, daß junge verheiratete Frauen in den meisten Fällen auch nach der Eheschließung weiterarbeiten, um den von ihnen gewünschten Lebensstandard für ihre Familie aufrechterhalten zu können. Das bedeutete aber, dass eine große Gruppe von arbeitenden Frauen in ihrem Beruf nicht weiterkommt, weil sie in ihren Erwartungen auf traditionelle Illusionen festgelegt sind und sie daher ungelernte Arbeiterinnen wurden und blieben. Nach Prof. Walter Jaide (Hannover) bestand die Illusion besonders in der Hoffnung vieler junger Arbeiterinnen "hinauf heiraten" zu können - über ihre Schicht, ihren Kontaktkreis, ihre Arbeitswelt hinaus. Tatsächlich fanden und finden bis heute die meisten unqualifiziert arbeitenden Frauen fast alle den künftigen Ehemann im eigenen Milieu. Das heißt, die erträumte Flucht nach oben gelingt fast nie. Selbsttäuschung, Überlastung und Resignation waren und sind sehr oft die Folge. Von der späteren Altersarmut aufgrund zu geringer Einzahlungen in die Rentenkasse ganz zu schweigen.