Wilde Tiere vor der Haustür

Wilde Tiere vor der Haustür

"Die Menschen wohnen gern im Grünen, am Stadtrand - und dann wundern sie sich, wenn plötzlich ein Wildschwein den Vorgarten umwühlt oder ein Waschbär den Dachboden in Beschlag nimmt." Derk Ehlert ist der Wildtierexperte des Berliner Senats. Er geht fast täglich auf tierische Tour; um aufzuklären, zu beruhigen, aber auch um Tierfreunde vom Füttern abzuhalten. Denn, es hilft alles nichts - sie sind unter uns: freilebende Tiere, mitten in der Stadt. Wo Menschen auf Tiere treffen, gibt es schnell Ärger. Das weiß niemand besser als Derk Ehlert. Zwischen Mensch und Tier zu schlichten - das ist sein Job. Oft verlangen empörte oder verängstigte Bürger von ihm ein "hartes Durchgreifen". Er soll den Fuchs im Garten erschießen, der die niedlichen Kaninchen frisst, oder das Wildschwein, das sich im Sandkasten suhlt. Auch für wilde Vierbeiner ist Berlin die Hauptstadt: Neben 3,5 Millionen Menschen leben in Berlin auch geschätzt 5000 Wildschweine, 3000 Kaninchen, 2000 Marder, 1800 Füchse, 800 Waschbären - die "Big Five" der deutschen Städte, wie Derk Ehlert sie nennt. Berlin ist ein Zoo ohne Zaun, die Stadt gilt als artenreichste Europas. Die Tiere erobern die Stadt; kein Wunder - unsere Städte sind oft umgeben von öden, agrarindustriell geprägten Flächen, die ihnen kaum noch Nahrung bieten. Dagegen sind die vollen Mülltonnen in der Stadt für Tiere wie Supermärkte. Die Folge: Immer öfter sind unsere wilden Mitbewohner im Stadtbild zu sehen; Waschbären spazieren seelenruhig über Kreuzberger Dächer, Biber nagen an den Weiden im berühmt-berüchtigten Görlitzer Park, und direkt hinter dem Kanzleramt spielt seelenruhig eine Fuchsfamilie. Nicht alle Zweibeiner sehen das mit Freude: Aufgebrachte Eigenheimbesitzer werfen mit Spaten nach Wildschweinen, die ihre frisch bepflanzten Vorgärten zerwühlen. Besorgte Eltern haben Angst vor Tollwut und Fuchsbandwurm, aufgeregte Städter sehen jeden Waschbär als Problembär - und die Kinder füttern den Fuchs mit Pommes. Auf der anderen Seite ziehen Berliner mit viel Mühe wilde Feldhasen auf, füttern aus dem Nest gefallene Mauersegler durch und kümmern sich um kranke Krähen im Schrebergarten.

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