Weiberwalz

Weiberwalz

Florane sitzt etwas verloren auf dem Ortsschild von Naumburg. Gleich muss sich die attraktive Französin fallen lassen - in die Arme von fünfzehn Gesellen auf der Walz. Johanna, Steinmetzin in traditioneller Kluft, versucht ihr Mut zuzusprechen. Sie selbst hat vor zwei Jahren das Ortsschild in Cottbus überstiegen - eine alte Tradition zum Start der mindestens dreijährigen Walz. Florane hat auf diesen Moment lange hingearbeitet. Sie ist extra nach Deutschland gekommen, um auf die Walz zu gehen. Die 28-Jährige will ihr Handwerk lernen und dabei doch möglichst frei sein. Ein gewisses Gottvertrauen, dass die Dinge schon ihren Lauf nehmen, das gehört dazu. Und so sitzt sie nun hoch oben und springt.

Ihre Mentorin Johanna kennt alle Traditionen und Regeln der Walz - und das Leben als Frau zwischen den vielen Männern - die auch auf Wanderschaft sind. In den kommenden zwei Monaten wird sie Florane als Walz-Frau begleiten: Wie findet man Arbeit, wie einen Schlafplatz und wo kann man seine Wäsche waschen? Und dann gibt es noch viele Regeln, die zu beachten sind: Sie dürfen sich ihrer Heimat bis auf 50 Kilometer nicht nähern und auch kein Handy haben. In der Öffentlichkeit dürfen sie ausschließlich ihre Kluft tragen. Nur eine, die kompletten drei Jahre. Es gibt Regeln zum Grüßen, zur Jobbewerbung und für Start und Ende der Walz.

Buchbinderin Theresa ist schon drei Jahre unterwegs und hat ganz viele Erfahrungen gesammelt. Gelernt hat sie den Beruf in der Bibliothek in Cloppenburg, hier liegt auch ihre "Bannmeile". Wenn sie ihre Familie oder Freunde sehen will, muss sie sich mit ihnen an anderen Orten weit außerhalb treffen. Bei Verabredungen zählt eine lange Planung, denn erreichbar ist sie nur per E-Mail, und die kann sie auch nicht immer ansehen. Verlässlichkeit ist deshalb ein Wert, der bei den Gesellen viel zählt. Und auch Zusammenhalt. Viele neue Freunde hat die 23-Jährige auf der Walz gefunden, doch nun geht sie wieder nach Hause, die totale Freiheit ist vorbei.

Die Reportage begleitet drei Frauen auf der "Weiberwalz" und erlebt mit ihnen Höhen und Tiefen.

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