Was kostet das Glück? (6/6)

Was kostet das Glück? (6/6)

Muskulös, mit dicker Brieftasche und einer zusammengerollten Pferdewett-Zeitschrift in der Gesäßtasche seiner Jeans betritt Martial täglich das Café 'Bar du Rocher' in der französischen Stadt Sens, um am Tresen seine Wettscheine auszufüllen. Im Rhythmus der Pferderennen wandern die Geldscheine hin und her. Als der Tag sich neigt, ist es Zeit für die Rückfahrt in sein Haus am Stadtrand. Dort erwarten ihn seine Frau und fünf Kinder. Doch Gott sei Dank rennen irgendwo auf dem Erdball noch immer Pferde um die Wette, und Martial spielt bis in die Nacht im Internet weiter - ein ewiger Kreislauf von Gewinn und Verlust. Am nächsten Morgen schwingt er sich auf seinen Motorroller, um seine Krankenpfleger-Tour zu absolvieren. Die beschließt er wie immer mit einigen Wetten in der 'Bar du Rocher' und anschließend zu Hause. Doch nun beschließt Martial, die Seiten zu wechseln. Gemeinsam mit seinem Freund Vincent will er Eigentümer eines Rennpferdes werden. Aber hat er als Spieler überhaupt Chancen, im Rennmilieu ernst genommen zu werden? Kann sein Pferd jemals mehr als ein Outsider sein? Doch die eigentliche Frage lautet: Wird das Rennen packender, wenn man nicht mehr nur Randfigur, sondern plötzlich mitten im Geschehen ist? Der Spieler ist heimatlos, sein Leben ständig in Bewegung. Glücksspiel ist reiner Selbstzweck. Es zielt nicht auf einen höheren Lebensstandard ab, sondern dient lediglich dem ewigen Traum vom besseren Leben. Zukunftspläne, Fantasien und Prognosen gehören zum Arsenal des Spielers, der sich nach Abstürzen schnell erholt und stets auf sein Spielerglück vertraut. Jeder Tag enthält ein Versprechen, das man sich immer wieder aufs Neue ausmalen kann.

Bewertung

0,0   0 Stimmen