Von den Mühen mit den Kühen

Von den Mühen mit den Kühen

Ob in Thüringens modernster Milchproduktion in Kaltensundheim, in der Fleischerzeugung in Oberweißbach oder in der Highland-Cattle-Hobbyhaltung - betreut werden Kühe heute von Cowgirls und Cowboys aus Profession oder Leidenschaft. Niemand nennt sie mehr Kuhhirten oder Melker - Herdenmanager heißt das! Sie nehmen uns mit in Ställe und auf Weiden, in Kälber-Kinderstuben und in Ausstellungsparcours, und bringen uns wieder nahe, was den meisten Menschen ziemlich fremd geworden ist: Die Mühen mit den Kühen.

Die hohe Zeit des Kalbens ist mitten im Winter. Das Kalb Olymp ist in der Nacht geboren. Mutterkuh Pia ist deutsche Highland-Champion-Kuh. Der Bulle Outside ist Olymps Vater und ebenfalls Champion. Olymp ist ein Doppelchampionkalb und Falk Pommer ist ganz aufgeregt. Auf dieses Kälbchen setzt er höchste Erwartungen. Falk setzt dem Kalb seine Ohrmarken. Ein kurzes Geschrei, ein böser Blick von Mutterkuh Pia, dann ist das erledigt. Am Nachmittag sehen Hochlandzüchter Falk Pommer und seine Lebensgefährtin Antje Voigt besorgt aus. Olymp liegt passiv und schläfrig herum. Offensichtlich war er noch nicht am Euter. Die erste Milch, das Kolostrum ist lebenswichtig. Jetzt ist höchste Aufmerksamkeit angesagt, denn Kälber verhungern stumm, wenn es beim Trinken nicht klappt.

Falk und Antje bringen Mutter und Kalb in die Box. Pia wird angebunden und mit Futter abgelenkt. Antjes Mission: Olymp das Saufen lehren. Sie lässt ihn an ihren Fingern nuckeln, spritzt gemolkene Milch in sein Maul, stopft ihm unermüdlich den Milchstrich ins Maul. Es klappt! Im Mai darf Olymp mit der Herde auf die Weide des Thüringer Schiefergebirges. Glückliche Rinder galoppieren übers Gelände, in der schönsten Zeit des Jahres. Kuh und Kalb werden erst getrennt, wenn Pia ihr nächstes Kalb erwartet. Aus Olymp wird wohl kein Steak, weil Falk und Antje zu den erfolgreichsten Highland-Züchtern Deutschlands gehören. Er wird vielleicht zu Ausstellungen reisen und als Bulle eine neue Herde begründen.

Von Kalb 709 ist gerade ein Vorderhuf zu sehen. Seine Mutter liegt noch ganz entspannt auf dem Stroh, nimmt ein Maul Heu und wartet. Sobald Kalb 709 auf der Welt ist, bleiben ihm nur ein paar Minuten bei der Mutter. Es wird in menschlicher Obhut aufwachsen, seine Milch kommt aus der Nuckelflasche. Bei einer späteren Trennung wäre das Geschrei groß, sagt Dr. Bach. Und: Für uns der einzige rentable Weg. Dr. Aribert Bach ist Herr über hunderte Hochleistungsrinder in Kaltensundheim in der Rhön. Kalb 709 ist ein Holsteiner Friesian und sollte schwarz-weiß gefleckt sein. Doch als 709 endlich zur Welt gekommen ist, ist seine Fellfarbe grau. Großes Pech für das Kalb, denn mit der Fehlfarbe sind seine Perspektiven schlecht.

Obwohl es ein weibliches Kalb ist, wird es wohl in die Mast kommen. Kühe mit Fehlfarben behalten sie hier nicht. Die ersten Wochen verbringt 709 mit den anderen Kälbchen im Stall. Dann werden die Mastkälber verkauft, die anderen wachsen anderthalb Jahre heran, bis sie selbst Mutter werden und danach Hochleistungsmilchkühe werden. Sie werden sehr viel Milch geben, mehr als 8.500 Liter im Jahr. Ihr Leben wird großteils im Milchstall verlaufen - allerdings in einem der modernsten Deutschlands: Mit Komfortmatratzen zum Wiederkäuen, Bürstenmassage und vollautomatischen Melkrobotern. Mehr als 800 Milchrinder in einem Stall - doch es ist still. Weil der Service bestens ist, gibt's kein Gemuhe.

Nur ein paar Kilometer von Olymps Gehege entfernt stehen gleich mehrere neugeborene Kälber auf der Winterweide im Schiefergebirge. Die gehörnte Fleckvieh-Kuh 64556 hat mitten in der Nacht, im Schnee, das Kalb geboren und schon trocken geleckt. Christian Schmidt setzt dem Bullenkälbchen Ohrmarken. Das Bullchen heißt jetzt 16473 - wird später Bodo genannt - und bekommt einen Kälber-Booster, eine kleine Kraftfutterspritze ins Maul. Christian ist erleichtert. Alles ist gut gegangen. Die Mutterkuh hat ihn beim Ohrenknipsen nicht angegriffen. Das passiert nämlich oft, vor allem bei den Limousins, der anderen Fleischrindrasse, die sie in Oberweißbach halten.

Die Limousins verstehen keinen Spaß, wenn es um ihre Kälber geht. Die Oberweißbacher Mutterkuhherde wird ganzjährig draußen gehalten. Bullchen Bodo gehört die ganze Milch, die seine Mutter gibt. Als männliches Kalb wird sein Leben kaum mehr als 18 Monate währen - bis zum Schlachtgewicht von Jungrindern. Aber vielleicht hat er ja Glück. Er ist bester Abstammung. Wenn er sich prächtig entwickelt, wird er vielleicht zum Zuchtbullen gekört.

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