Vom Sehen und Denken

Vom Sehen und Denken

Film und TheaterA  

Seit fast 50 Jahren besteht die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen dem Österreichischen Filmmuseum und der Viennale (22.10.-5.11.2015), Österreichs größtem Filmfestival.

Dieses Jahr widmet sich die traditionelle Retrospektive unter dem Titel "Animals - Eine kleine Zoologie des Kinos" den tierischen Darstellern, Statisten und Stimmungsmachern, die im Lauf der Filmgeschichte die eine oder andere tragende Rolle gespielt haben.

Die Kuratoren des Österreichischen Filmmuseums stellen in ihren Retrospektiven aber nicht nur thematische Zusammenhänge her, sie gehen auch grundlegenden Fragen zum Thema Kino auf den Grund.

Beate Thalberg geht in ihrer Dokumentation der Frage nach: Was ist Film? Sie erzählt von der filmreifen Gründung der Cinémathèque in Wien, die eigentlich gar kein Museum ist, gibt Einblicke in die Schatzkiste des Bestandes und thematisiert eine kaum wahrgenommene Kulturrevolution: das Verschwinden des Materials Film durch die Digitalisierung.

"Film ist schwer", konstatiert der Archivleiter des Filmmuseums, Paolo Caneppele. Schließlich wiege ein abendfüllender Spielfilm 22 Kilo. Film ist ein "Porträt des Gesehenen", erklärt Museumsgründer Peter Kubelka anschaulich in einer vergnüglichen Vorführung. Dass Film und die Gründung des Filmmuseums auch eine Menge mit Bürokratie zu tun haben, wird in Archivaufnahmen gezeigt. Kurz bevor das Publikum schon in den ersten Wochen nach der Gründung das anspruchsvolle Kino stürmt und Besucher abgewiesen werden müssen, konstatiert noch die Genehmigungsbehörde: "Maximal 150 Menschen in Wien" würden sich für so etwas interessieren. Die Gründer Peter Konlechner und Peter Kubleka, letzterer selbst ein international gefeierter Avantgarde-Filmer, standen in den ersten Jahren "ständig mit einem Fuß im Kriminal", weil sie Filme für Retrospektiven stets auf Pump erwarben.

Im besten Fall ist Film Mut und Freigeist. Das Filmmuseum war von Beginn an um Unabhängigkeit bemüht. Schon seine Rechtsform als Verein sollte das garantieren. Neben der Vermittlung außergewöhnlicher Filmkunst im Original, also nicht digitalisiert und ohne Untertitel, hat das Österreichische Filmmuseum einen beachtlichen Schatz zusammengetragen: 25.000 Spielfilme, 6.000 Rollen Amateurfilm-Material und unzählige Dokumente, wie zum Beispiel das Privattagebuch der Entstehung der Sissi-Filme von Ernst Marischka.

Das Filmmuseum war und ist eine "Schule des Sehens", auch für Generationen von österreichischen Regisseure und Regisseurinnen, wie Ruth Beckermann, Karl Markovics, Peter Tscherkassky, Ulrich Seidl und Michael Haneke, der das Filmmuseum für eine unerlässliche Institution im Österreichischen Kulturleben hält: "In einer Zeit, in der die cinematografische Schule das Fernsehen ist, ist es dringend notwendig, dass es Gegenmodelle gibt. Wir verlernen ja sonst das Schauen", konstatiert der österreichische Oscar-Preisträger.

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