Videogramme einer Revolution

Videogramme einer Revolution

Der Herbst 1989 blieb im Gedächtnis als eine Abfolge visueller Ereignisse: Prag, Berlin, Bukarest als Orte politischer Revolutionen. Das vollständigste Revolutionsszenario lieferte Rumänien, Einheit von Zeit und Ort inbegriffen. In nur zehn Tagen und nur zwei Städten spielte sich alles ab: Aufstand des Volkes, Sturz der Macht, Hinrichtung der Herrscher. Nach einem ersten Aufruhr in Temesvár, bei dem es der Regierung noch gelang, die Stadt zu isolieren, vollzog sich der Umsturz in der Hauptstadt Bukarest vor laufenden Kameras. Denn dort wurde der TV-Sender von Demonstranten besetzt, blieb etwa 120 Stunden auf Sendung und etablierte das Fernsehstudio als neuen historischen Ort. Das Geschehen wurde zudem von Videoamateuren und Kameramännern der staatlichen Filmstudios festgehalten. Gab es beim Ausbruch des Aufstandes nur eine aufzeichnende Kamera, waren einen Tag darauf gleich hundert im Einsatz. Zwischen dem 21. Dezember 1989, der letzten Rede des Diktators Ceausescu, und dem 26. Dezember 1989, der ersten TV-Zusammenfassung seines Prozesses, nahmen Kameras die Ereignisse an den wichtigsten Schauplätzen in Bukarest fast vollständig auf. In der Absicht, die Ereignisse jener Tage zu rekonstruieren, sammelten und ordneten die Filmemacher Harun Farocki und Andrei Ujica das vorhandene Filmmaterial. Ziel war es, den vorhandenen Bildknäuel zu entwirren und Sequenzen in der richtigen chronologischen Reihenfolge zu montieren. Entstanden ist dabei eine medienkritische Auseinandersetzung über die Rolle der Bilder und des Journalismus während des Umsturzes in Rumänien.

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