Vertuscht und verdrängt

Vertuscht und verdrängt

"Schlagt die Algerier tot!" Mit diesem Ruf werden im August 1975 Nordafrikaner durch Erfurt gehetzt. Schon in den beiden Monaten zuvor gab es in der damaligen Bezirksstadt immer wieder tätliche Auseinandersetzungen zwischen Deutschen, Ungarn und Algeriern.
Die Ausländer hatte die DDR-Führung angeworben und ins Land geholt, um den Arbeitskräftemangel zu beseitigen. Die ersten sogenannten Vertragsarbeiter kamen Mitte der 1960er Jahre. Ihr Aufenthalt war zeitlich befristet. Sie lebten in getrennten Wohnheimen, durften keine Familienangehörigen mitbringen und mussten nach Ablauf der Vertragszeit das Land wieder verlassen. 1989 lebten 94.000 Vertragsarbeiter in der DDR.
Die Auseinandersetzungen in Erfurt führten seinerzeit dazu, dass Algerien seine Arbeiter fast völlig zurückzog. Das Ereignis passt so gar nicht zum offiziellen Selbstverständnis der DDR. Denn nach Lesart der Partei- und Staatsführung bauten DDR-Bürger Seite an Seite mit ausländischen Werktätigen und Studenten den Sozialismus auf - im Geiste des proletarischen Internationalismus.
Jahrelang wertete der Historiker Harry Waibel Stasi-Akten aus. Er stieß auf mehrere tausend Vorfälle. Demnach gab es in den 1970er und 1980er Jahren wesentlich mehr Gewalttaten von Einheimischen gegenüber Ausländern als bislang bekannt. Waibel stieß erschreckend oft auf ausländerfeindliche Motive. Die rassistisch motivierten Gewalttaten forderten tausende Verletzte und sogar Todesopfer.
So starben im Sommer 1979 bei einer Hetzjagd aufgeputschter Einheimischer zwei Kubaner in Merseburg. Die Ermittlungen gegen die mutmaßlichen Täter wurden auf Anweisung von ganz oben eingestellt. Das brüderliche Verhältnis mit dem Lande Fidel Castros sollten nicht gefährdet werden.
"Exakt - Die Story" geht rassistischen Vorfällen von damals nach. Christian Bergmann und Tom Fugmann suchen Antworten: Was ist wirklich passiert? Warum kam es dazu und warum wurde vieles einfach unter den Teppich gekehrt?

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