Vergrabene Schicksale

Vergrabene Schicksale

Joachim Kozlowski trägt Schaufel, Hacke, Metalldetektor, einen Koffer mit Bürsten, Pinseln und Werkzeug über das Feld. Unter seinem Arm klemmt eine kleine Pappschachtel. Er ist auf dem Weg zu einem Toten, einem, der schon lange unter der Erde liegt. Joachim Kozlowski hat sich einen merkwürdigen Beruf ausgesucht: Er ist Deutschlands einziger Umbetter. Seine Aufgabe ist das Aufspüren, Bergen, Identifizieren und Bestatten gefallener Soldaten und Zivilisten des Zweiten Weltkrieges - Jahrzehnte nach dessen Ende. Sein Erkundungsgebiet läuft meist mitten durch die ehemaligen Frontlinien. Allein zwischen Berlin und der polnischen Grenze - einem seiner wichtigsten Einsatzgebiete - werden bis zu 150.000 menschliche Überreste im Boden vermutet. In nur wenigen Wochen während der letzten Schlachten im April 1945 starben in dieser Region zehntausende deutsche, sowjetische und polnische Soldaten, oft nur notdürftig bestattet. Kriegstote gehören in diesem Landstrich Oderland zum Alltag. Beim Pflügen, beim Straßen- und Hausbau oder bei Kanalisationsarbeiten werden oftmals Gebeine entdeckt. Sofort wird der Umbetter gerufen, der dann Einzel- oder Massengräber von Soldaten findet. Oft ist der Zeitdruck groß, es fehlt an Gerät, an Helfern, um Meter für Meter zu graben, zu sieben, um jedem Hinweis nachzugehen. Oft melden sich auch Angehörige bei Kozlowski, die erst jetzt Hinweise auf den letzten Einsatzort ihrer toten Väter oder Großväter bekommen haben. Zusammen mit ihm machen sie sich auf die Suche nach dem vermuteten Grab. Immer ist der kleine Pappkarton dabei, ein schlichter Faltsarg, in dem der Umbetter die Knochen für eine spätere Beisetzung auf einem Soldatenfriedhof sammelt, menschliche Schicksale birgt. Die Dokumentation 'Vergrabene Schicksale' begleitet Joachim Kozlowski über die Seelower Höhen und im Oderland beim Graben begleitet und zeigt, warum Trauer und Erinnerung einen Ort brauchen.

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