Unter Störchen
Das kleine Dorf Rühstädt im nordwestlichen Brandenburg beherbergt Deutschlands größte Weißstorchkolonie. Fast 40 Storchenpaare brüten jeden Sommer auf den Hausdächern der nur 200 Dorfbewohner. Mit ihrem Nachwuchs locken die Tiere alljährlich rund 30.000 Besucher an. Aber der Vogeltourismus hat seinen Preis: Eine Flut von Touristen verstopft die Straßen, Dächer bröckeln und Fassaden werden verschmutzt. Ein örtlicher Storchenclub und ein rühriger Bürgermeister sind unermüdlich im Einsatz, Nester müssen gebaut und repariert, Teiche angelegt und Wiesen zur richtigen Zeit gemäht werden.
Der Ort, der das Prädikat "Europäisches Storchendorf" trägt, lebt seit Jahrzehnten im Jahreszeitenzyklus der Vögel. In nur gut hundert Tagen müssen sich die Störche finden, paaren und Junge bis zum Abflug großziehen. Es ist ein harter Lebenskampf, der den Besuchern Rühstädts weitgehend verborgen bleibt. Die Störche kämpfen um die Nester, zerstören die Gelege anderer und sind rund um die Uhr der Witterung ausgeliefert. Regen, Hitze und Raubvögel reduzieren die Zahl der Küken, bei Krankheiten werfen die Störche die schwächsten Küken einfach aus dem Nest. Ohne ausreichendes Nahrungsangebot gehen die jungen Vögel zugrunde. Auch hier helfen die Dorfbewohner und päppeln Nesthäkchen bis zum Abflug wieder auf.
Rühstädt zeigt modellhaft, wie es durch koordinierte Eingriffe in die Natur gelingen kann, mit einem großen Vogel in der Nachbarschaft zu leben und davon selbst einen Nutzen zu haben. Mitten im Biosphärenreservat der Elbe-Flusslandschaft profitieren zahlreiche weitere Tierarten vom Einsatz für den in der Bevölkerung so beliebten großen Vogel.