Umweltgifte und Lobbyismus
Europa erwägt, endokrin aktive Substanzen - auch allgemein unter dem Begriff Umwelthormone bekannt - zu regulieren. Denn diese Umwelthormone stehen im Verdacht, massive Auswirkungen auf das menschliche Hormonsystem zu haben, insbesondere die gesunde Entwicklung von Kindern zu beeinträchtigen. Doch eine Regulierung der EAS stellt auch eine Bedrohung für weitreichende wirtschaftliche Interessen dar. In der europäischen Demokratie kämpfen nun Industrie und Wissenschaft um die Deutungshoheit über die Klassifizierung und Regulierung von EAS. Natürlich soll die Entscheidung auf der Basis objektiver wissenschaftlicher Erkenntnisse erfolgen. 2009 gab die Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission eine Studie zu endokrin aktiven Substanzen in Auftrag, die 2012 veröffentlicht wurde. Die Autoren der Studie empfahlen, endokrine Disruptoren als gesonderte regulatorische Klasse zu definieren, ähnlich wie krebserregende Substanzen. Die chemische Industrie lief Sturm gegen diese Studie. Etwa 100 Toxikologen weltweit schrieben an den Chief Scientific Advisor des Präsidenten der EU-Kommission und warnten vor einer Einschränkung ihrer Forschung durch die Anwendung des Vorsorgeprinzips . Dieses Prinzip erlaubt es, Maßnahmen zu treffen, die Menschen, Tiere und Umwelt schützen, auch wenn die wissenschaftliche Datenlage keine umfassende und abschließende Evaluierung des Risikos zulässt. Daraufhin entschied Chief Scientific Advisor Anne Glover zunächst eine Kosten-Nutzen-Analyse in Auftrag zu geben, die die Auswirkungen einer EU-Regulierung von EAS auf die EU-Bürger und die EU-Wirtschaft bewerten soll. Geschehen ist bis heute nichts.
Die Dokumentation "Umweltgifte und Lobbyismus" berichtet vom Streit um die Gefährdung durch EAS und zeigt exemplarisch, wie Institutionen der EU-Kommission mit Lobbyisten und Geschäftsinteressen umgehen.