Traum im Herbst

Traum im Herbst

'Traum im Herbst' des norwegischen Lyrikers und Theaterautors Jon Fosse ist eine eigentlich banale Geschichte: Eine Frau und ein Mann, die sich vor langer Zeit begehrt haben, begegnen sich wieder und erkennen einander. Was ist zwischen ihnen vorgefallen? Wie wird ihre Zukunft aussehen? Wer ist gestorben, wer wird sterben? Jon Fosse hat als Handlungsort für sein Drama einen Friedhof gewählt, einen Ort, an dem man in Betrachtung (s)eines Lebens verweilt, im Angesicht der Vergänglichkeit, und den man wieder verlässt, um sich dem Leben zuzuwenden. Die Begegnungen der Lebenden auf diesem der Zeit entrückten Ort werden immer wieder gewaltsam von Beerdigungsszenen durchkreuzt. Patrice Chéreau hat in seiner Inszenierung die Metaphern dieses Ortes aufgegriffen und die Handlung in einen Museumsraum verlegt: Kommen und Gehen, Innehalten und Kontemplation, gelebte Geschichten und ungelebte Wünsche. Partrice Chéreau ist ein Meister der Helldunkelschattierungen. Seine Bühnenbeleuchtung erinnert an eine Filmregie. Der überdimensionierte Raum mit seinen purpurnen Wänden und schweren dunklen Türen erinnert an die düsteren Flure und halboffenen Türen der großzügigen Räume in Ingmar Bergmans Filmen. Trauer lastet in diesem Raum, und zugleich breitet sich darin die erdrückende Intimität all der unausgesprochenen, unsagbaren Dinge aus, die Menschen verbinden oder trennen und sie geisterhaft erscheinen lässt. Patrice Chéreau sagt über seine Inszenierung: 'Ich habe hier versucht, das Theater zu vergessen. Ich wollte, dass die Erzählung, in der sich die Einzelleben und Epochen ständig überschneiden und durchkreuzen, in einem geheimnisvollen Fluss aufgeht. Im Film spielen Kontinuität und visuelle Brüche diese Rolle. Die Inszenierung ist jenseits der frontalen Außenperspektive des Zuschauers angesiedelt; so wollte ich erreichen, dass der Zuschauer nicht mehr weiß, ob er sich im Theater oder im Film befindet.

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