Trauern braucht Zeit

Trauern braucht Zeit

Im Leben von Patrick und seinen Kindern Raphael und Leonie ist nichts mehr, wie es war, als seine Frau Eveline völlig unerwartet an einer Hirnblutung stirbt.

Wie kehrt man zur Normalität zurück, wenn einem der Boden unter den Füßen weggezogen wurde? Ursula Brunner begleitet in ihrem Film die Familie von Patrick durch das erste schmerzhafte Jahr, zeigt aber auch, wie die Familie mit der Zeit wieder Halt findet.

Der Schock über den plötzlichen Verlust von Frau und Mutter ist groß, die Anteilnahme ebenfalls - bis zur Beerdigung. Danach fühlt sich die Familie alleingelassen und zunehmend unter Druck gesetzt, wieder "normal" zu funktionieren.

Nicht wahrhaben wollen, Aggression und Wut auf das Schicksal oder den Verstorbenen, totale Überforderung und Mutlosigkeit: Nach einem Todesfall erleben Angehörige emotionale Achterbahnfahrten. Wie lange darf dieser Ausnahmezustand dauern? Wie findet man die Balance zwischen Aushalten und Ablenken? Das erste Jahr sei das Schlimmste, sagt man. Geburtstage, Weihnachten, Ferien: Dort zeigt sich die große Lücke, die ein geliebter Mensch nach seinem Tod hinterlässt, ganz besonders.

Man möchte die Zeit zurückdrehen, dieses noch sagen, jenes noch zusammen unternehmen, Versäumtes nachholen. Man war sich sicher, noch viel Zeit zu haben. Doch der Tod ist endgültig. Und während man versucht, den Schock zu verarbeiten, türmen sich die Bürokratie und der Alltag vor einem auf. Viele Dinge müssen erledigt, beantwortet, organisiert werden.

Neben Unverständnis und dem Druck von außen, möglichst schnell wieder zu funktionieren, erlebt die Familie während dieses Jahres auch viel Mitgefühl. So ist Patrick (39) froh, dass ihm sein Arbeitgeber Zeit lässt. Er kann selbst bestimmen, wann er wieder in den Arbeitsalltag einsteigen will. Die beiden Kinder verarbeiten ihre Trauer sehr unterschiedlich, und dafür zeigt die Schulbehörde Nachsicht. Während für Leonie (9) die ersten Monate schlimm sind, zeigt sich die Trauer bei Raphael (12) erst später. Der Vater ist froh, da die Lehrpersonen auch nach einem Jahr noch Verständnis haben, wenn seinen Sohn während des Unterrichts Erinnerungen einholen und er - von außen gesehen aus dem Nichts - weinen muss.

Wann ist es Zeit, Regeln, die vor dem Todesfall galten, wieder einzuführen? Sind die Wutausbrüche normale Zeichen der Pubertät? Oder ist das auf den Tod der Mutter zurückzuführen? Kinder trauern anders als Erwachsene. Aggression und Wut richten sich auch gegen den Vater. Dabei will er alles richtigmachen, seinen Kindern das Leiden erleichtern und ihnen die fehlende Mutter ersetzen. Patrick fühlt sich oft hilflos und überfordert. Der Kontakt mit einer Kinderpsychiaterin hilft ihm und den Kindern, einander besser zu verstehen.

Schlussendlich ist es die Zeit, die heilt. Nach einem Jahr sagt Patrick: "Freude und Spaß mussten wir wiederfinden, ohne Eveline. Aber ich denke, das haben wir wiedergefunden, je länger, je mehr. Es ist so, es wird einfacher. Obwohl es nie mehr so sein wird, wie es war."

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