Tierische Schönheit
Die Tierdarstellungen von Lascaux, Chauvet und Altamira beweisen, dass schon die ersten Künstler der Menschheitsgeschichte von der Schönheit der Tiere, ihren geschmeidigen Formen und ihrer Farbenpracht beeindruckt waren. Seit der Frühgeschichte der Kunst stellen sich Zeichner, Maler, Dekorateure und Bildhauer immer wieder der Herausforderung, Tiere in ihrer ganzen Schönheit darzustellen. Viele Kulturen weisen Tieren einen zentralen Platz zu: Im alten Ägypten waren bestimmte Tiere der Sitz von Gottheiten, bei den Griechen und Römern waren sie die Protagonisten der von den Göttern inszenierten Verwandlungsgeschichten, im europäischen Mittelalter dienten sie der Darstellung des Teufels und böser Geister, in China gibt es die den Menschen zugesellten Tiergeister, und in Afrika nehmen die Ahnen Tiergestalt an. Nicht von ungefähr waren Künstler der Moderne wie da Vinci, Dürer, Géricault, Delacroix, Antoine-Louis Barye, Giacometti, Picasso oder Louise Bourgeois von bestimmten Tierfiguren regelrecht besessen. Es war ihnen nur zu bewusst, dass das Dasein der Tiere am Rande der menschlichen Gesellschaft echte philosophische Fragen aufwarf: Wie kommunizieren Tiere? Haben Tiere eine Sprache? Was macht die Andersheit der Tiere aus? Was steckt vom Tier im Menschen? Seit jeher wird das Schicksal der Tiere als eng mit dem der Menschen verbunden empfunden. Die Schönheit gewisser Tierarten stellt dagegen für viele Künstler eine Art unerreichbares Ideal dar. Die Betrachtung der von Tieren inspirierten Kunstwerke regt zu Überlegungen über die Stellung des Tieres in der Natur an, einer Natur, die ganz und gar vom Menschen gestaltet zu sein scheint. Ferner: Welche Rolle spielt das tierische Wesen bei der Definition des menschlichen Wesens? Und heute schließlich wird der Status der Tiere in Anbetracht des Aussterbens oder der Bedrohung vieler Arten zu einer echten politischen Frage, die auch in viele künstlerische Darstellungen einfließt.