Streitfall Beschneidung

Streitfall Beschneidung

GesellschaftsreportageD  

Die Fronten scheinen unversöhnlich: Der Rabbi erklärt, das Verbot der Beschneidung sei die schlimmste Grausamkeit gegen die Juden seit dem Holocaust. Der Kinderschutz-Bund spricht von einem weisen Entscheid zum Wohle von Tausenden von Jungen. Die junge jüdische Familie M. aus dem Rhein-Main-Gebiet droht, nach Israel auszuwandern, sollten sie ihren zukünftigen Stammhalter nicht legal hierzulande beschneiden lassen dürfen. Deutsche Muslime und die Islamverbände protestieren, die christlichen Kirchen auch. Der türkischstämmige Muhammed erzählt hingegen von seinen seelischen und körperlichen Qualen nach dem blutigen Eingriff. Er betet, das umstrittene Urteil möge für alle bindend sein. Kurzum: Der Spruch des Kölner Landgerichts, das religiös motivierte Beschneidung als Akt der Körperverletzung unter Strafe stellt, sorgt seit Wochen für leidenschaftliche, erbitterte Debatten. Werden Juden und Moslems in der Ausübung ihrer Religionsfreiheit massiv behindert, am Ende aus Deutschland vertrieben? Wie erleben muslimische wie jüdische Familien dieses Urteil in all seinen Konsequenzen? Oder ist eben dieser Entscheid ein Sieg des säkularen Rechtsstaates? Was aber zählt mehr: Der Ritus oder das Recht auf körperliche Unversehrtheit? Fieberhaft arbeiten Juristen und Politiker in Berlin an einem neuen Gesetz, um den 'Religionsfrieden' im Lande wieder herzustellen, - denn musste die juristische Debatte über die Strafbarkeit der Beschneidung ausgerechnet in Deutschland beginnen? Gestritten wird über ein großes religiöses wie politisches Thema. Und letztlich über das Verhältnis von Staat und Religion. Gibt es auch für die Glaubensfreiheit Grenzen? Ein Team des Hessischen Rundfunks hat Menschen besucht, die direkt von diesem Urteil betroffen sind: Familien, Imame und Rabbiner, Ärzte. Vor allem aber Männer - jene, die ihre Beschneidung als identitätsstiftend begreifen und solche, die sich für ihr Leben gezeichnet sehen.

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