Sportclub History - Abgewickelt!

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12. September 1990 in Brüssel: Die "14 Aufrechten" der Fußball-Nationalmannschaft der DDR traten zu ihrem letzten Länderspiel gegen die belgische Nationalmannschaft an. Ursprünglich war diese Begegnung als Qualifikationsspiel für die Europameisterschaft vorgesehen, in dieser Gruppe wäre das DDR-Team auch auf die bundesdeutsche Fußball-Nationalmannschaft getroffen.
Zeitgleich wurde in Moskau der sogenannte Zwei-plus-Vier-Vertrag unterschrieben, der die Basis für das politische Ende der DDR bzw. die Herstellung der deutschen Einheit ist. Da die politische Entwicklung im Land die sportliche überholte, zog der der DFV der DDR die DDR-Mannschaft aus der Qualifikation zurück. Die Nationalspieler der DDR fuhren daher zu einem Freundschaftsspiel nach Belgien, auch, um Regressansprüchen der Belgier für ein ausgefallenes Spiel zu entgehen.
Als Trainer Eduard Geyer die 36 Einladungen an die DDR-Nationalspieler verschickt hatte, hagelte es Absagen von Stars wie Ulf Kirsten, Andreas Thom und Rico Steinmann, die zum Teil schon bei westdeutschen Vereinen in der Bundesliga spielten. Nach etlichen Telefonaten sagten zumindest noch Heiko Bonan und Torsten Kracht zu. Als einziger "Star" der Mannschaft erschien Matthias Sammer, der aber auch sofort wieder abreisen wollte, denn er wollte nicht als Kapitän der "schlechtesten" DDR-Nationalmannschaft aller Zeiten in die Geschichtsbücher eingehen. Er ließ sich dann aber überreden und erzielte die beiden letzten Tore für die Nationalmannschaft der DDR beim 2:0 in Belgien. Letzter Torwart der Fußball-Nationalmannschaft der DDR war Jens Adler, der Vater von René Adler. Matthias Sammer spielte am 19. Dezember 1990 bereits für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft in der Qualifikation zur Europameisterschaft.
Schon die Vorgeschichte deutete auf diese Entwicklung hin: Am 15. November 1989, also knapp ein Jahr zuvor, hatte die Nationalmannschaft der DDR noch im entscheidenden Qualifikationsspiel gegen Österreich die Chance, sich für die Fußball-Weltmeisterschaft 1990 in Italien zu qualifizieren. Zu der Zeit war die politische Situation in der DDR schon im Umbruch, die Mauer war gerade gefallen. Der Verband versuchte zwar, die aktuellen Entwicklungen von den Spielern fern zu halten.
Was sich dann aber rund um das Spiel ereignete, war geradezu abenteuerlich. Die DDR-Auswahl verlor das Spiel 0:3 und die Spielerberater gaben sich in der Hotellobby die Klinke in die Hand. Aber nicht nur dort. Allein Reiner Calmund hatte drei Leute geschickt, die die Ost-Stars des Fußballs abwerben sollten. Unter ihnen war auch Wolfgang Karnath, der es bis in den Innenraum schaffte, Matthias Sammer nach seiner Auswechslung noch auf der Spielerbank ansprach und sich mit ihm in der Hotellobby verabredete. Andreas Thom wurde ebenfalls noch am Spielfeldrand kontaktiert. Bei einigen Akteuren wich die Enttäuschung über das sportliche Aus in der Hoffnung auf eine rosige Zukunft im Westen. Auch der SV Werder Bremen mischte mit, Willi Lemke bat Rico Steinmann um ein Gespräch. Eigentlich bekamen fast alle Spieler der damaligen DDR-Auswahl Angebote. Es begann ein abstruses Wettbieten um die Stars mit Geldkofferübergaben und teils unmoralischen Angeboten.
Nach dem Saisonende der DDR-Oberliga im Mai 1990 verließen die ersten Fußball-Stars um Sammer, Kirsten, Ernst und anderen den Osten. Thomas Doll und Frank Rohde schlossen sich dem HSV an.

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