Schrecklich schöne Bausünden

Schrecklich schöne Bausünden

Was sind das nur für hingeklotzte architektonische Monster? Viele mögen sich diese Frage schon gestellt haben angesichts brutaler Betonbauten. Man ringt unwillkürlich um Worte und Erklärungen für den ästhetischen Schock, den ein zerbrochenes postapokalyptisches Raumschiff wie das Kloster "La Tourette" auslöst. Die deutsche Sprache kennt für solche Gebäude ein prägnantes Wort: Bausünden. Sie verstören und verärgern, aber faszinieren auch. Die Betonmonster unter ihnen bezeichnen Architekten als "Brutalismus".
Le Corbusiers Kloster "La Tourette" ist so ein Monster, aber Charles Desjobert, Dominikanerbruder und Architekt in Personalunion, steckt mit seiner Begeisterung alle an. Das National Theatre in London verstört mit seiner brutalen Betonfassade - um dann mit seinem einladenden Inneren zu überraschen und seine Seele als Theaterfabrik zu offenbaren. Und die "Schlange" in Berlin? Ein 600 Meter langer Wohnblock in der Schlangenbader Straße, durch dessen Bauch eine Autobahn führt? Dort möchte man nicht wohnen! Aber wir erleben es: Hier zu wohnen schweißt zusammen und macht viele sogar stolz.
Brutalistische Bauten haben ein Herz aus Beton. Sie sind architektonische Punks, sie provozieren. Der Film "Brutalistische Betonklötze" geht dem Wesen des Baustoffs Beton auf den Grund: Warum fasziniert er Architekten so sehr? Warum geht seine Ära möglicherweise zu Ende? "Brutalismus" kommt nicht von "brutal", doch das Image als "Bad Boys" im Stadtbild schreckt die Liebhaber der Betonklötze nicht ab - im Gegenteil. Denn manche sind eben auch: schrecklich schön.

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