Schmutzige Götter

Schmutzige Götter

Die Geschichte der Psychoanalyse verknüpft sich im öffentlichen Bewusstsein vor allem mit Wien. Doch es ist vielmehr Berlin, das für den Beginn des 'Jahrhunderts der Psychoanalyse' steht. Die Reichshauptstadt ist der zentrale Schauplatz für die Entstehung der Psychoanalyse in Deutschland. Hier kommt es in der Kaiserzeit zu prägenden Begegnungen zwischen Sigmund Freud und Pionieren der noch jungen Disziplin.

Der 1. Weltkrieg bringt einen bedeutenden Entwicklungsschub: Die erfolgreiche Behandlung von Soldaten, sogenannten Kriegsneurotikern, etabliert die Psychoanalyse im medizinisch-therapeutischen Bereich. Sie wird zu einem Kennzeichen der Moderne und hat ihre Glanzzeit in den 1920er Jahren. Der 1933 einsetzende Exodus des deutschen Geistes wird auch für die Psychoanalyse zum schlimmen Aderlass. Unter dem Deckmantel einer 'Deutschen Seelenheilkunde' überwintert sie am nationalsozialistischen ausgerichteten Berliner 'Göring-Institut'. Die Nachkriegszeit ist lange geprägt von der organisatorischen Spaltung des Analytiker-Standes. Eine entscheidende Renaissance erfährt die Psychoanalyse im Gefolge der Studentenbewegung.

Der Film folgt den Spuren Sigmund Freuds in Berlin und schildert die psychoanalytischen Verknüpfungen zwischen Wien und Berlin. Stummfilmmaterial aus den 1920er Jahren erinnert an die erste große Popularisierung der neuen Wissenschaft und an ihren Einfluss auf das geistig- künstlerische Leben der Weimarer Republik. Zeitzeugen und Experten beleuchten kritisch, wie schwer bis heute die Psychoanalyse in Deutschland durch die politisch und rassisch bedingte Vertreibung seit 1933 belastet und in ihrem Ansehen international beschädigt ist - durch jene, die nicht emigrierten, sondern dablieben und sich ans Regime anpassten. Lange hat die Zunft der Analytiker in Deutschland eine Auseinandersetzung mit dieser Vergangenheit gescheut. Beleuchtet wird auch die Fähigkeit und Bereitschaft, den eigenen Berufsstand - seinen Umgang mit theoretischen und politisch-gesellschaftlichen Kontroversen - kritisch zu reflektieren.

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