Sacre du Printemps - Frühling im Herbst

Sacre du Printemps - Frühling im Herbst

Nijinskys Originalchoreographie und die Musik von Strawinsky inspirieren Künstler seit 100 Jahren immer wieder zu neuen Fassungen des Balletts. Maurice Béjart, Martha Graham, Pina Bausch, Glen Tetley und viele andere setzten sich mit dem mythischen Stoff auseinander. Die Dokumentation beobachtet den Choreographen Thierry Thieû Niang bei der Erarbeitung seiner modernen Fassung dieses Balletts. Die 25 Teilnehmer seines Workshops sind Amateurtänzer. Sie sind alle zwischen 60 und 80 Jahre alt und haben mit der Welt des Tanzes eigentlich nichts zu tun. Dennoch bringen sie sich voll und ganz in das Projekt ein. Die von Thierry Thieû Niang gewählte choreographische Notation basiert auf einem Kreis: Von Anfang bis Ende des Stücks umkreisen die Tänzer die Bühne. Daniel, ein drahtiger Senior um die 70, dreht sich gegen den Uhrzeigersinn, er verkörpert Chronos, die verrinnende Zeit. Anders als im Original-Libretto, das Nijinsky als Vorlage diente, ist die Auserwählte in Thieû Niangs Fassung nicht jene, die dem Frühlingsgott geopfert wird, sondern jene, die bleibt und überlebt, gestärkt durch die Energie ihrer Gefährten, die die Bühne im Verlaufe des Balletts einer nach dem anderen verlassen, so dass sie schließlich allein weiterläuft, nicht gegen die Zeit, sondern mit ihr. Die Dokumentation versteht sich als Reflexion über das Verrinnen der Zeit, über Altern und Tod. Sie zeigt die Anmut dieser Senioren, für die das Ballett den Herbst des Lebens schöner macht und den Frühling wieder aufleben lässt. Dabei wird deutlich, dass jede Bewegung, jede noch so kleine Geste oder Haltung, Tanz sein kann. Ihr Tanz ist nicht stilisiert, sondern in einer konkreten Gegenwart beheimatet. Als Thierry Thieû Niang mit seinem Workshop begann, hatte er keine öffentliche Aufführung des Stücks im Sinn. Dennoch wurde die Choreographie im Jahr 2011 beim Theaterfestival von Avignon uraufgeführt und vor kurzem auch im Pariser Théâtre de la Ville erfolgreich auf die Bühne gebracht.

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