Ruhr Record

Ruhr Record

Da mutet eine winterliche Landschaft wie ein Idyll in den Hochalpen an - in Wahrheit handelt es sich um eine eingeschneite Kohlenhalde. Da stellen in Kopftücher gewandete Musliminnen auf althergebrachte Weise Fladen her - was wie eine Szene aus einem fernen östlichen Land aussieht, spielt sich in einem Schrebergarten mitten im Ruhrgebiet ab. Diese Region, macht der Filmemacher Rainer Komers deutlich, steckt voller Überraschungen.

Sein Dokumentarfilm "Ruhr Record" ist eine Erkundung der besonderen Art. Er lädt die Zuschauer zu Augenreisen durch ein Ruhrgebiet der kleinen großen Ereignisse ein. Einiges ist so, wie man es erwartet - Schmelzöfen oder einfahrende Kumpel beispielsweise -, aber der Zuschauer begegnet immer wieder auch den Hervorbringungen eines neuen Geistes. Jungen Schwarzhaarigen mit schnittigen Autos etwa. Sie lauschen orientalischen Klängen - unterlegt mit einem fetten, pumpenden Hip-Hop-Groove. Heutige Ruhrgebietler.

Das Ruhrgebiet hat sich gewandelt: Vieles fiel Abrissbirnen zum Opfer, vieles wurde aus dem Boden gestampft. Doch der Rauch ist geblieben. Noch immer entsteigt er einigen Kühltürmen oder Güterwagen, noch immer bekleidet er als künstliche Wolke Teile des Himmels, oder aber er hüllt in Gestalt des Morgennebels Wiese, Wald und Wasser anmutig ein.

An manchen Stellen heißt es Abschied nehmen. Ein Knappenchor gibt ein Ständchen. Ein alter Mann blickt schweigend in die Kamera; ein anderer sagt wehmütig: "Wir waren das Ruhrgebiet." Nicht nur der Rauch, auch Menschen, Viertel, Gebäude verwehen. Eine neue Einkaufspassage wird feierlich eröffnet; sie sieht aus, wie es doch schon überall aussieht. Dann wieder betört eine grün leuchtende Gartenlandschaft oder eine futuristische Kunstinstallation den Blick. Bei Rainer Komers ist das Ruhrgebiet ein an Farbschattierungen ungemein reiches Mosaik. Eine Region, die ihr eigenes Museum und Zukunftslandschaft, Abendland und Morgenland in einem ist.

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