Rüdiger und die schweren Jungs

Das Leben hat ihm tiefe Furchen ins Gesicht gezeichnet. Rüdiger Wiese wundert das nicht, schließlich hat er schon viel erlebt. "In diesem Job altert man schnell", erklärt der 57- jährige Streetworker. Nicht die Großstadt ist sein Revier, sondern die Kleinstadt Preetz in Schleswig-Holstein und ihre umliegenden Dörfer.
Rüdiger Wiese hat nie Sozialpädagogik studiert, wie viele seiner Kollegen. Sein Lehrmeister war das Leben selbst. Und genau das kommt bei seinen "Jungs" gut an. Der ehemalige Dachdecker versteht die jungen Männer, die auf die schiefe Bahn geraten sind, kann auch mal Härte zeigen. Seine "Kunden", wie er sie nennt, vertrauen ihm, denn der gelernte Handwerker weiß aus Erfahrung, wie es ist, vor dem Nichts zu stehen.
Zwei Mal stürzte er vom Dach und kam nur knapp mit dem Leben davon. Er wurde arbeitslos und dann zerbrach auch noch seine Ehe. Als nichts mehr ging, bewarb sich Rüdiger Wiese beim Preetzer Bürgermeister um einen Minijob als Sozialarbeiter. Schon kurze Zeit später wurde daraus eine unbefristete Stelle.
Seit acht Jahren betreut er inzwischen Kleinstadtkriminelle und Drogensüchtige. Etwa 70 junge Männer konnte er in einen Job oder eine Ausbildung bringen. Einige haben mittlerweile sogar einen Meisterbrief in der Tasche und betreiben eine eigene Firma.
Der Streetworker hat Erfolg, wo das Jobcenter versagt. Was ist sein Patentrezept? Keinen aufgeben und niemanden fallen lassen, egal, was passiert, meint er lakonisch.
NDR Autor Tim Boehme begleitet den Sozialarbeiter mehrere Wochen lang bei seiner Arbeit und lernt dabei den blonden Mike kennen. Rüdiger Wiese betreut den 21-Jährigen bereits seit über zwei Jahren und hat schon einige Achterbahnfahrten mit ihm erleben müssen. Doch nun wird es richtig brenzlig: Mike droht die Zwangsräumung der Wohnung und damit der Absturz in die Obdachlosigkeit und Alkoholsucht. Außerdem steht er bald vor Gericht und könnte zu einer Haftstrafe verurteilt werden. Kann Rüdiger Wiese seinem Schützling auch diesmal helfen?