Profiler im Museum
Die spektakulären Einbrüche in Museen reißen nicht ab. Deshalb rüsten Sicherheitsexperten dort jetzt massiv auf. Können sie Verbrechen wie den Dresdener Juwelenraub in Zukunft verhindern?
Der Einbruch ins Grüne Gewölbe, die gestohlenen Goldmünzen von Manching und zuletzt das in Köln geklaute China-Porzellan im Millionenwert: Möglich wurden diese Taten nur durch technische und menschliche Sicherheitslücken. Wie lassen sich diese schließen?
Es gibt auch gute Nachrichten in Bezug auf Einbrüche in Museen. Eine ist: Die Täter werden oft geschnappt. Die Mitglieder des Remmo-Clans, die ins Grüne Gewölbe einbrachen, sitzen ihre Strafe ab. Auch die mutmaßlichen Diebe des Kelten-Goldschatz von Manching sind dingfest gemacht und erwarten ihren Prozess. Bei beiden Ermittlungserfolgen waren DNA-Spuren entscheidend. Das Diebesgut ist jedoch nur teilweise zurück. Wäre es nicht besser, solche Taten von vornherein zu verhindern?
"Viele denken, uns wird schon nichts passieren. Und genau die, trifft es dann", sagt Amotz Brandes, US-amerikanischer Experte für Museumssicherheit. Der ehemalige israelische Elitesoldat bildet weltweit Sicherheitskräfte zu Profilern aus - mit Techniken wie Geheimdienste sie nutzen. Potenzielle Diebe sollen schon beim Ausbaldowern der Tat erkannt und eingeschüchtert werden. Es gibt Videoaufnahmen von Sicherheitskameras aus dem Grünen Gewölbe, die Unbekannte zeigen, die sich eingehend mit den Vitrinen beschäftigen - ohne erkennbare Interesse an den ausgestellten Objekten. Brandes meint, mit gut geschultem Personal hätte der Juwelendiebstahl womöglich verhindert werden können. Aber: "Es ist immer eine Spirale", sagt Brandes, "alle Seiten rüsten auf und lernen voneinander. Ein Prozess, der nie aufhört."
In Dresden hat man nach der Sicherheitskatastrophe aufgerüstet und sich einen Polizisten ins Haus geholt. Der neue Sicherheitschef Ralph Krüger ist der ehemalige Vizepräsident der Bundespolizeidirektion Berlin. Sein Ziel: "Vor die Lage kommen!". Krüger setzt auf einen neuen Mix aus Festangestellten und Sicherheitsfirmen. Vor allem die Leitzentrale überlässt er nur den eigenen, gut überprüften Leuten. Im Fall Grünes Gewölbe hätte die Flucht der Täter vereitelt werden können, wenn die privaten Sicherheitsleute rechtzeitig den Alarmknopf gedrückt hätten. Und im Fall der 100 Kilo Goldmünze "Big Maple Leaf" war das Personal sogar aktiv beteiligt: Ein Jugendfreund der Täter aus dem Remmo-Clan hatte sich im Sicherheitsdienst anheuern lassen - und öffnete dann seinen Kumpanen das Fenster. Das Risiko eines trojanischen Pferdes in den eigenen Reihen zu vermeiden, hat ab sofort hohe Priorität. Aber auch technisch haben die Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden aufgerüstet. Das war auch dringend nötig.
"Viele Museen sind vor allem Museen für veraltete Sicherheitstechnik", sagt der europaweit renommierte Sicherheitssachverständige Sascha Puppel. Neue Techniken, die auch mit KI arbeiten, könnten in Zukunft Abhilfe schaffen. Momentan, so Sicherheitstechniker Schmiedel, "würde es aber erstmal reichen, die Technik einzubauen, die da ist. Denn die ist verdammt gut. Aber die Museumsdirektoren denken, dass sie da doch damals vor 20 Jahren was Tolles eingebaut haben." Jede Museumsdirektion hat nur ein begrenztes Budget und muss sich entscheiden: Mit Neuerwerbungen und spektakulären Ausstellungen nach außen strahlen? Oder doch lieber Geld in die Hand nehmen, um das Vorhandene überhaupt mal zu sichern? "Momentan führen die Diebe haushoch gegen die Museen", stellt Sasche Puppel ernüchtert fest. "Einige Museen lernen aus ihrem Komplettversagen, andere leider gar nicht."
In den 3sat Kulturdokumentationen "Kunstraub. Die Jagd auf gestohlene Kunstschätze" (2020) und "Das Schweigen des Clans" (2021) hat der Filmemacher Karsten Wolff die Fahndung nach den Dresdner Juwelen verfolgt. In der Dokumentation "Museumsdiebe auf Beutezug" (2023) konnte er erste Lehren aus derartigen Fällen ziehen und zeigen, mit welchen Methoden gestohlene Kunstschätze zurückerlangt werden können. In seiner vierten Dokumentation "Profiler im Museum" erforscht Wolff nun die technischen und menschlichen Sicherheitslücken, welche die spektakulären Einbrüche erst möglich gemacht haben, und zeigt die nötigen Konsequenzen für Prävention und Museumssicherheit auf. Damit so etwas wie in Dresden - hoffentlich - nie wieder passiert.