Politkrimi in Guatemala

Politkrimi in Guatemala

In Guatemala kam der Schweizer Ulrich Gurtner wegen Geldwäsche ins Gefängnis. Seine Ankläger dürfen als Feinde der Demokratie nicht in die EU einreisen. Wer ist Opfer, wer Täter?
Gurtner hat eine Genossenschaft kleiner Kaffeebauern zum zweitgrößten Exporteur des Landes aufgebaut. Jetzt wird er mit fragwürdigen Anklagen verfolgt, ebenso wie Journalisten und Anwälte, die sich für die Demokratie einsetzen. Die Anatomie einer Verschwörung.
Am Freitag, 24. April 2023, mittags um zwölf Uhr, wird in Guatemala der Schweizer Ulrich Gurtner verhaftet und ins Gefängnis gesteckt. Der Staatsanwalt beschuldigt ihn der Geldwäsche in Höhe von 110 Millionen Dollar. Ulrich Gurtner hat eine Genossenschaft von 20.000 kleinen Kaffeebauern zum zweitgrößten Kaffee-Exporteur des Landes gemacht.
Der Winterthurer Ueli Gurtner kam als Vertreter eines großen schweizerischen Handelsunternehmens in den 1980er-Jahren nach Guatemala. Weil er sich nicht an der üblichen Korruption beteiligen wollte, wurde er entlassen. Im Auftrag einer deutschen Entwicklungsorganisation sanierte er die Genossenschaftsorganisation Fedecocagua und machte die Kleinbauern zu einem erfolgreichen Mitspieler in einem globalisierten Geschäft. Damit bekam er Schwierigkeiten mit der lokalen Konkurrenz.
Schon im Jahr 2009 wurden die Genossenschaftler der Geldwäsche beschuldigt. Das Gericht sprach die Organisation von der Anklage frei. Aber 2023 nahm die guatemaltekische Justiz den alten Vorwurf wieder auf, setzte Gurtner in Untersuchungshaft und sperrte die Konten der Genossenschaft.
Der zentralamerikanische Staat Guatemala hat eine gewalttätige Geschichte, und sie ist vom Kaffee geprägt. Die einheimische Maya-Bevölkerung wurde jahrelang zur Erntearbeit gezwungen. Die Proteste der praktisch versklavten Erntearbeiter mündeten in Guerilla-Organisationen und einen über 30-jährigen Krieg mit über 200.000 Toten. 2006 entsandte die UNO ein Sondergericht gegen die Straflosigkeit nach Guatemala, das erfolgreich gegen Menschenrechtsverletzungen und Korruption vorging. 2019 wurde das Sondergericht aus dem Land geworfen.
Seither findet im Land ein Rachefeldzug statt gegen Personen, die mit fremden Richtern zusammengearbeitet oder sich in irgendeiner Form gegen die traditionelle Macht aus Politik, Wirtschaft und Militär gestellt haben. Dazu gehört auch die kleinbäuerliche Genossenschaft, deren Mitglieder sich mit Direktor Gurtner aus Armut und Abhängigkeit befreit haben.
Miriam Chales gehört dem Maya-Volk der Mam an, das im westlichen Hochland Guatemalas angesiedelt ist. Sie ist Kaffeebäuerin und Sekretärin der lokalen Genossenschaft. Über ihren verfolgten Direktoren Ueli Gurtner sagt sie: "Er sieht nicht die Rassen, er sieht die Notwendigkeiten, und was er getan hat, hat das Leben vieler Menschen in Guatemala verändert. Er hat Fortschritt gebracht. Obwohl er kein Guatemalteke ist, sondern ein Schweizer, hat er mehr für das Land gemacht als mancher Guatemalteke. Für mich ist er eine großartige Person."
Die Gelder der Genossenschaft sind gesperrt, Direktor Gurtner darf das Land nicht verlassen. Die zuständigen Staatsanwälte und Richter dürfen weder in die USA noch in die EU oder in die Schweiz einreisen, weil sie die Demokratie in Guatemala bedrohen und die Korruption unterstützen. 2023 versuchte die Justiz, die Einsetzung des neu gewählten, sozialdemokratischen Präsidenten Bernardo Arévalo zu verhindern. Selbst mit ihm an der Macht ist der Kampf gegen die Unterhöhlung der demokratischen Einrichtungen nicht entschieden. Die korrupten Kräfte des Landes besetzen weiterhin das Justizwesen.
Gurtners Verteidigung stützt sich auf eine klare Vorgabe: "Wir müssen nur zeigen, dass alle Vorwürfe gegen uns erstunken und erlogen sind." Das Problem besteht darin, dass die Gegenseite eine richterliche Anhörung immer wieder verzögert. Und damit die Genossenschaft immer weiter in den Ruin treibt.

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