Pershing statt Petting

Pershing statt Petting

Millionen waren auf der Straße. Gewerkschafter, Christen und Pazifisten, Generäle und einfache Soldaten, Künstler und Intellektuelle, Schulkinder und Studenten. Sie marschierten und blockierten, sie bildeten Menschenketten und riefen auf zu zivilem Ungehorsam und gewaltlosem Widerstand. Sie demonstrierten gegen die Politik eines Mannes, der für eine neue Runde im Wettrüsten zwischen Ost und West verantwortlich gemacht wurde: Helmut Schmidt. Heute eine Ikone, damals einer der umstrittensten Politiker der Bundesrepublik. Die bevorstehende Nachrüstung mit Pershing II und Cruise-Missile-Raketen rief Anfang der 80er Jahre die größte Massenbewegung der bundesdeutschen Geschichte auf den Plan. Fast zwei Drittel der Bevölkerung lehnten damals die Stationierung neuer Raketen auf bundesdeutschem Boden ab. Im Bonner Hof-garten sang die holländische Gruppe 'bots' am 10. Oktober 1981 'Aufstehn!', und 300 000 Menschen sangen mit. 'Es tut weh, wenn man so viele Leute demonstrieren sieht und weiß, sie haben Unrecht', schreibt Helmut Schmidt, der Initiator des NATO-Doppelbeschlusses, später. Auch Helmut Kohl, sein Nachf-olger im Amt des Bundeskanzlers, soll von der Masse der Demonstrierenden beeindruckt gewesen sein. Am Entschluss der Bundesregierung, die Nachrüstung durchzuführen, änderte das nichts. Nach zwei dramatischen Jahren der innen- und außenpolitischen Eskalation stimmte im November 1983 der Bundestag mit einer knappen Mehrheit für die Nachrüstung. Nur fünf Tage später begann in Mutlangen die Stationierung von Pershing II. Die Friedensbewegung war gescheitert. Und Helmut Schmidt verlor Sympathien, den Rückhalt seiner eigenen Partei und am Ende die Kanzlerschaft. Im Vorfeld des 30. Jahrestages der ersten großen Demonstration im Bonner Hofgarten soll der Film 'Pershing statt Petting' die Auseinandersetzung um den NATO-Doppelbeschluss in die Erinnerung zurückholen.

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