Passee - eine ostdeutsche Dorfgeschichte
Das kleine Dorf Passee mit 200 Einwohnerinnen und Einwohnern hat in den vergangenen gut 30 Jahren einiges erlebt: unzählige Gerichtsverfahren, Rückschläge und falsche Versprechungen. Seit dem Mauerfall 1989 versucht die Gemeinde Passee in Mecklenburg-Vorpommern voranzukommen, doch immer scheint etwas oder jemand dazwischen zu kommen.
Das Filmteam besucht ein Dorf zwischen DDR-Altlasten und Zukunftsträumen und fragt: Wie viel kann eine Gemeinde aushalten, was hat all das mit den Menschen und ihrem Glauben an die Demokratie gemacht? Und: Lohnt es sich für die kommenden Generationen, für ihr Dorf zu kämpfen?
Seit mehr als 30 Jahren wächst der Aktenberg von Bürgermeister Adolf Wittek. Der erste Gegner von Passee ist der Lübecker Immobilienmakler Christoph W. Im Juni 1992 will er das Dorf räumen lassen. Kurz nach der Wende kann er die halbe Fläche des Ortes kaufen samt Gemeindehaus, Konsum-Laden und Kläranlage darauf. Das alles hatten die Einwohner in Passee über die LPG selbst gebaut und verstehen nicht, warum es jetzt Herrn W. gehören soll. Im Dorf artet dieser Streit in einen Kleinkrieg aus. Darunter leiden damals auch die Eltern von Maik Schröder. Sie sollen für ihr Haus nun hohe Miete zahlen und müssen gegen Christoph W. vor Gericht ziehen, das erste Mal überhaupt in ihrem Leben und dazu noch in einem neuen Staat. Das Gericht muss dabei Grundsatzfragen zwischen Eigentum und Nutzung klären, denn Passee ist kein Einzelfall. Die Gemeinde bekommt schließlich Recht und schafft es sogar, dass das Bundesgesetz geändert wird. Doch am Ende bleibt es ein Streit zwischen Ost und West, der als solcher vielen Menschen in Passee bis heute im Gedächtnis ist. Auch Maik Schröder.
Seine Eltern haben damals allerdings nichts gewonnen. Der ständige Streit vor Gericht belastet sie so sehr, dass sie ihr Haus verlassen und in die Nachbargemeinde ziehen. Ihr altes Haus in Passee ist inzwischen abgebrannt, das Grundstück liegt brach. Für Maik Schröder ist das schwer mit anzusehen: "Passee ist mein Zuhause. Dieses Haus war der Familientreffpunkt für uns Kinder und unsere Kinder. Jetzt ist hier gar nichts mehr." Maik Schröder will nun in den Wohnblock gegenüber ziehen, um auf das alte Grundstück seiner Eltern blicken zu können.
Nach diesem Kleinkrieg ist die neue Hoffnung der Leute in Passee: ein eigener Haustierpark. Über verschiedene Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen bauen sie ab 1994 einen Park für bedrohte Haustierrassen. Der wird schnell zum Besuchermagnet. Nicht nur das, für viele der Bürger dort ist der Park eine Herzensangelegenheit und vor allem ein großes Glück, so nah am Wohnort arbeiten zu können. Auch für Eckhardt Lindenberg, der über Jahre die mehr als 300 Tiere versorgt. Doch als die ABM-Maßnahmen auslaufen, wird das Projekt größer als das, was die Passeer leisten können.
Die Gemeinde braucht einen Investor. Die Gesellschaft für Gesundheit und Pädagogik (GGP) lockt 2005 mit einer guten Idee: Sie verspricht, ein Heim für psychisch kranke Menschen zu bauen, den Tierpark für Therapiezwecke zu nutzen und ihn damit zu retten. Die Gemeinde lässt sich darauf ein, doch es wird schnell klar: GGP-Geschäftsführer Torsten B. geht es nicht um den Park und auch nicht um die Patienten. Er fordert Grundstücke zu Billigpreisen, lässt den Park verkommen und verkauft die Tiere. Eckhardt Lindenberg, der sonst der Tierpfleger war, soll schließlich den Patienten ihre Medikamente geben, meint er. Am Ende bleibt der Eindruck, dass sich die GGP selbst bereichern will. Zwar gewinnt die Gemeinde nach fünf Jahren auch diesen Gerichtsstreit um Kaufverträge und Fördermittel. Doch vom Haustierpark ist nichts mehr übrig. Das haben viele Dorfbewohner bis heute nicht verdaut. "Das ärgert mich am meisten, dass die damit noch so gutes Geld verdient haben. Und hier ist überhaupt nichts mehr", sagt Eckardt Lindenberg.
Doch Bürgermeister Wittek gibt nicht auf und träumt weiter davon, den ehemaligen Tierpark touristisch zu nutzen.