Oya Festival 2013

Oya Festival 2013

Aus vielen Gründen ist das Oya Festival kein übliches Festival. Kollektive Organisationsstrukturen, Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit als oberste Prämissen, Kinderbetreuung und mehr als hundert Künstler aus aller Welt machten das Oya auch in diesem Jahr zu einem außergewöhnlichen Musik- und Kulturerlebnis. An vier Tagen fanden Konzerte auf drei Open-Air- und einer Zeltbühne statt. Das musikalisch anspruchsvolle Programm ist schubladenfrei: Alternative, Electro, Rock, Folk und Pop. Kraftwerk, Slayer, Alabama Shakes, Cat Power, Beach House, Angel Haze, Haim, MØ, Wu-Tang Clan ... bunter könnte das Programm nicht sein. Ein wichtiges Kriterium des Oya Festivals ist es außerdem, skandinavischen Künstlern Bühnenraum zu geben. Lokale Bands wie zum Beispiel Kvelertak stellen letztendlich die Hälfte aller Konzerte. Hinzu kommt, dass das Festival nicht mitten im ländlichen Nirgendwo liegt oder in Schlamm und Müll ertrinkt. Der Name 'Øya' - auf deutsch 'Insel' - verspricht bereits ein Festivalgelände zwischen Bergen und Meer. Und tatsächlich erstreckt es sich über eine Halbinsel im 'Mittelalterpark' in einem der gegensätzlichsten Viertel der norwegischen Hauptstadt. Die Besucher feiern inmitten der Ruinen einer tausend Jahre alten Kirche - dem ursprünglichen Gründungsort Oslos. Südlich vom historischen Park beginnen Fjord und Strand der Hauptstadt, im Osten lehnt er sich an den Ekeberg und im Westen erhebt sich die einmalige moderne Osloer Skyline - eine Antithese zum alten Hafenbecken, den alten Lagerhallen und ausrangierten Bahnschienen, die an den Park grenzen. Dieser bunte Mix aus moderner Metropole, alter Industriestadt und Strandflair macht das Oya Festival aus. Überall stehen Cocktailbars mit Sonnenliegen herum, die zum verweilen und entschleunigen einladen. Der Kooperative norwegischer Stundenten, die das Festival 1999 gründeten, ist es gelungen, das Event, das dieses Jahr wieder mehrere Tausend Besucher verzeichnete, als eines der umweltbewusstesten Kulturereignisse aufzuziehen. So kümmert sich eine eigens dafür zuständige Energiebeauftragte darum, die Stromversorgung zu hundert Prozent aus erneuerbaren Energien zu garantieren. An Kreativität mangelte es dabei nicht: Lieferanten, Mitarbeiter und Besucher sollen ihren Müll auf ein Minimum reduzieren, zum Verzehr werden lediglich Bioprodukte aus der Region angeboten, und es wird sogar aus den Fäkalien Methangas gewonnen, mit denen die öffentlichen Busse fahren. Außerdem veröffentlichten die Veranstalter 2004 ein 'Handbuch zur Umwelt' mit Anleitungen zum verantwortungsbewussten Feiern und Genießen. So viel skandinavische Innovation ist bereits mit mehreren internationalen Auszeichnungen belohnt worden. Das Oya erhielt die Auszeichnung 'Greenest Festival In Europe' sowie den 'Green'n'Clean Award' und den 'European Festival Award'. Insgesamt beeindruckt das Oya Festival durch seine beschwingte, friedliche Atmosphäre und seine verantwortungsbewusste Haltung. Bei den Veranstaltern als auch unter den Künstlern im Backstage-Bereich soll eine Hierarchie vermieden werden: Alle Künstler sind im selben Areal untergebracht, es gibt keine extra abgesperrten Superstar-Bereiche, der Grundtenor ist entspannt und gemütlich. Die Musikfans bewegen sich auf dem Festivalgelände, als wären sie auf einem Spaziergang. Man sieht für große Festivals untypisch viele weibliche Besucher, viele Familien machen einen Ausflug, denn es gibt eine akustisch gut geschützte Kinderkrippe auf dem Gelände. Die Dokumentation ist die gelungene Aufzeichnung einer musikalischen Großveranstaltung, die sich sowohl mit dem urbanen Leben als auch mit der natürlichen Umgebung verbindet. Sie bestätigt und überzeugt, dass ein interessantes und ideologiefreies Kulturereignis kommerziell tragfähig sein kann und bietet somit den erfolgreichen Gegenentwurf zu der allgemein in der Branche vorherrschenden Gigantomanie. Ein Festivalerlebnis der anderen Art ...

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