Oststars im Westen

Oststars im Westen

Auf Gastspiel beim Klassenfeind Film von Hans Sparschuh und Rainer Burmeister Als DDR-Schlagerstar Frank Schöbel in den 1970er-Jahren zum ersten Mal zu einem Gastspiel in Japan war und man ihm vor dem Hotel den Koffer aus der Hand nehmen wollte, dachte er zunächst an einen Diebstahl. Als ihm freundlich bedeutet wurde, dass doch nur sein Gepäck aufs Zimmer getragen wird, folgte der nächste Schreck - er hatte keine Devisen. Schöbel zahlte also zum großen Erstaunen des Hotelpagen das Trinkgeld in DDR-Mark. Selbst in den Zeiten von Abschottung und Kaltem Krieg durften DDR-Künstler zu Gastspielen in den Westen reisen. Die Staatsführung schmückte sich gern mit Weltstars 'Made in GDR' wie Ludwig Güttler, Theo Adam u. a., und der Staat verdiente gut an den Auftritten. Meist übernahm die staatliche Künstleragentur die Vertragsverhandlungen, organisierte die Reisen und bezahlte die Künstler - in DDR-Mark. Die Devisen flossen in den Staatshaushalt. Gleichzeitig warb man mit den Gastspielen im Westen auch für die Anerkennung des zweiten deutschen Staates. Ganze Theaterensembles gastierten seit den 1960er-Jahren an westdeutschen Bühnen. Die Medien der DDR schwiegen zumeist über die Auftritte der Ostkünstler, schließlich wollte man ja im Volk keine Begehrlichkeiten wecken. Seit den 1970er-Jahren gastierten auch DDR-Schlagersänger und Rockgruppen auf der anderen Seite der Mauer. So kam es vor, dass die Gruppe Karat am einen Tag im Kulturhaus der DDR-Grenztruppen spielte und am Tag darauf in einer Kaserne der Bundeswehr. Selbst das DDR-Fernsehen leistete sich für seine Agentenfilme den Drehort Westberlin, allerdings mit strengem Zeit- und Finanzplan. Am Abend nach Drehschluss ging es wieder zurück über die Staatsgrenze. Obwohl es bis Mitte der 1980er-Jahre kein Kulturabkommen mit der Bundesrepublik gab, stiegen die Reiseanträge rapide an. Jährlich bis zu 10.000 Dienstreisen mit 'kulturellem Auftrag' wurden genehmigt, Honecker beschwerte sich daraufhin, dass 'unsere guten Schauspieler im Westen schon jeden Hinterhof bespielen'.

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