Neues Leben für alte Kleidung · Szenemode statt wegschmeißen

Neues Leben für alte Kleidung · Szenemode statt wegschmeißen

Regelmäßiges Ausmisten hilft gegen einen überquellenden Kleiderschrank. Doch wohin mit all den Klamotten? Vier Hamburger Unternehmen suchen Lösungen für den textilen Überfluss.

Im Hamburger Szeneviertel Schanze haben die Geschwister Janina und Elias Urlu mit ihren Eltern einen Secondhandladen eröffnet. Das Konzept von 2nd Fit: alle drei Wochen ein komplett neues Sortiment und jeden Tag sinkende Preise. Knapp drei Tonnen Altkleider alle drei Wochen. Dreimal pro Woche sortieren sie in ihrem Lager gemeinsam Tausende Altkleider, die sie anschließend im Laden verkaufen. Ein Teil der Kleidung wird an Hamburger Initiativen gespendet. Hobby-Graffiti-Künstler Elias Urlu wertet einige Teile auf, indem er sie bedruckt oder besprüht. Vor knapp zwei Jahren haben sie den Laden eröffnet und haben schon viel Stammkundschaft aus dem Viertel. Auch Tourist*innen kommen gern zum Shopping in die Schanze. Vor wenigen Monaten eröffnete Familie Urlu einen zweiten Laden in Hamburg-Ottensen. Wenn es nach Elias Urlu geht, soll das Konzept schon bald über die Grenzen Norddeutschlands hinaus verbreitet werden.

Die Altkleider kauft 2nd Fit nur zwei Straßen weiter beim Hamburger Start-up recyclehero. Das Team von Nadine Herbrich und Alessandro Cocco holt sie kostenlos bei Privatleuten und Firmen ab, emissionsarm per E-Bike. Fünf Tonnen pro Monat, Tendenz steigend. Ihre Idee ist es, Gebrauchtes wieder in den Kreislauf zu bringen. Die Kleidung soll außerdem in Norddeutschland bleiben. Denn Altkleider, die ins Ausland exportiert werden, zerstören die dortige Textilindustrie. Früher holten Nadine Herbrich und Alessandro Cocco noch alles nach Feierabend mit einem geliehenen Lastenrad ab. Inzwischen haben sie ihre damaligen Jobs gekündigt und in vier weiteren deutschen Großstädten Zweigstellen aufgemacht. Allein in Hamburg sind 20 Mitarbeitende beschäftigt und acht E-Bikes unterwegs. Neben Altkleidern sammeln sie Altpapier, -glas und Leergut. Nadine Herbrich sagt, das Beste wäre, wenn ihre Arbeit überflüssig würde, weil die Leute nachhaltiger konsumieren. Aber das sei noch ein langer Weg. Bis dahin tüftelt recyclehero an neuen Ideen. Die Sammlung von gebrauchten Mobiltelefonen läuft zum Beispiel gerade an. Und sie wollen in sechs weiteren Städten loslegen.

Der Trend Secondhand ist noch lange nicht vorbei, sagt Britta Falk von der Boutique Second Schanze. Zwei Gründe dafür sind steigende Preise und ein steigendes Bewusstsein, dass Fast Fashion unter unmenschlichen Bedingungen hergestellt wird und der Umwelt schadet. Britta Falk setzt auf das klassische An- und Verkaufskonzept. Sie kauft von Privatleuten hauptsächlich hochwertige gebrauchte Kleidung und Musterkollektionen von nachhaltigen und Hamburger Labeln. Sie nimmt jedes Stück persönlich entgegen und kennt alle 3000 Teile im Laden. So kann sie die Kundschaft individuell beraten. Britta Falk ist Quereinsteigerin. Das Geschäft Second Schanze kannte sie schon länger als Kundin, schließlich wohnt sie in der Straße. Als sie hörte, dass die Besitzerin in Rente gehen will, zögerte sie nicht lange und übernahm den Laden. Weil er so gut läuft, will sie will ihr Sortiment bald um Männerkleidung erweitern.

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