Missbraucht und misshandelt - mitten in Deutschland: Die Opfer der Diplomaten
Sara, Maria und Tajedur wurden um ihren Lohn betrogen, eingesperrt, misshandelt und eine von ihnen gar vergewaltigt. Mitten in Deutschland. Den Tätern drohen weder Haft noch Strafe durch die deutsche Justiz. Denn die Täter sind Diplomaten - die Opfer ihre Angestellten. 'Menschen hautnah' zeigt ihre persönlichen Schicksale und fragt nach der politischen Verantwortung: Denn es gibt Wege, diese Menschen besser zu schützen als es hierzulande geschieht. Sie leben hinter den Fassaden schicker Diplomaten-Villen. Tajedur Rahman arbeitet seit vielen Jahren als Chauffeur für die Botschaft von Bangladesch. Er ist deutscher Staatsbürger. Eines Tages teilt ihm sein neuer Chef mit, ab jetzt habe er 10 Stunden zu arbeiten für gleiches Gehalt. Auch weitere Überstunden würden nicht bezahlt. Als Rahmann zaghaft einwendet, unter seinen früheren Arbeitgebern seien Arbeitszeit und Bezahlung nie ein Problem gewesen und er würde doch jetzt schon seinem Chef rund um die Uhr zur Verfügung stehen, rastet sein Vorgesetzter aus: Er greift nach einem Stuhl und schlägt mehrfach auf Rahmann ein. Blutüberströmt verlässt Rahmann das Büro. Er will auf einer Polizeistation Anzeige erstatten. Ausführlich nehmen die Beamten den Tathergang zu Protokoll. Doch als Rahmann den Namen und den Diplomatenstatus des Täter nennt, kippt die Situation. Der diensthabende Beamte erklärt Rahmann die rechtliche Situation der diplomatischen Immunität: Eine Strafverfolgung sei nicht möglich. Die Öffentlichkeit erfährt nichts. Frei von jeder Gerichtsbarkeit haben Diplomaten eine enorme Machtposition. Für Hausangestellte entsteht eine gefährliche Abhängigkeit, eine moderne Form der Sklaverei, die meist unentdeckt bleibt. Nur in besonderen Fällen wie bei Sara Hasniati erreichen die skandalösen Ereignisse die Öffentlichkeit. Sie arbeitet als Hausangestellte für einen jemenitischen Diplomaten in Berlin, ist zwei Jahre in einer Wohnung am Potsdamer Platz eingesperrt. Sie hat dort nicht einmal eine Matratze oder eine Decke zum Schlafen, notdürftig deckt sie sich in kalten Winternächten mit ihrer Kleidung zu. Mit einer lebensbedrohlichen Tuberkulose und völlig unterernährt wird sie schließlich in ein Krankenhaus eingeliefert, wo sich die Ärzte und Frau Dr. Nividita Prasad von der Beratungsorganisation 'Ban Ying' in Berlin ihrer annehmen. Es ginge auch anders. Das deutsche Auswärtige Amt in Berlin, zuständig für die Erteilung der Visa für Diplomaten und deren Angestellte, könnte helfen - so wie es andere Länder tun: In Kanada setzt man auf die abschreckende Wirkung durch eine sogenannte 'Black List', die Diplomaten nach Fehlverhalten namentlich aufführt. In Belgien werden, solange es noch offene Dispute in einer Botschaft gibt, keine neuen Visa für Hausangestellte erteilt. Und die Angestellten dürfen außerhalb der Diplomaten-Residenzen wohnen. Österreich setzt auf finanzielle Druckmittel und hält die Steuerrückzahlungen an Diplomaten zurück, bis der Streitfall geklärt ist. Die Liste der Möglichkeiten ist lang und die Immunität bliebe unberührt - warum tut die Politik hierzulande nichts?