Mahlzeit, NRW!

Mahlzeit, NRW!

Essen und Trinken 

"Mahlzeit, NRW!" ist eine kulinarische Zeitreise durchs Land. Hausfrauen und Profiköche wie WDR-"Vorkoster" Björn Freitag entdecken ihre Lieblingsgerichte aus 70 Jahren NRW wieder und lassen mit historischen Filmaufnahmen persönliche Erinnerungen lebendig werden: Warum war die Steckrübe lange verhasst, was gehört in die Sauerbraten-Soße und wie schmeckte die erste Pizza?

Die traditionelle Küche Nordrhein-Westfalens war schon immer einfach - und sollte vor allem satt machen. Die Zutaten kamen aus dem Stall und vom Acker: Kartoffeln, Eier, Speck und Schinken. Es waren Gerichte für Menschen, die viel und hart arbeiten mussten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war man in NRW erst einmal über alles froh, das den Magen füllte. Aus dem Wenigen, was man hatte, noch etwas zaubern - hieß das Motto der Stunde. Städter drängten sich in überfüllte Hamster-Züge, die ins Bergische, ins Sauerland, in die Eifel oder ins Münsterland fuhren, um dort ihr Hab und Gut gegen Lebensmittel einzutauschen.
In den 50er und 60er Jahren kam die Abwechslung: fette Jahre mit fettem Essen. Zudem brachten Arbeitskräfte aus Italien, Spanien, Jugoslawien und Japan ihre Küche mit in die nordrhein-westfälischen Industriezentren. "Wat der Bauer nich kennt, dat fritt er nich", sagten die Landbewohner, aber die Städter langten zu und lernten völlig neue Geschmacksrichtungen kennen: Pizza, Pasta und Paella statt Potthast und Puckert. Allein in Düsseldorfs Restaurants konnte man sich auf kulinarische Weltreise begeben.
Neben der schweren Kost, die von der Hausfrau persönlich zubereitet wurde, entwickelte sich in den 60er Jahren die schnelle Küche: Fertiggerichte. Essen aus der Dose und Tiefkühlgerichte sollten das Kochen erleichtern. Denn mit der Emanzipation der Frau verließen die Mütter den Herd und wurden berufstätig. Dennoch hatten sie das Essen auf den Tisch zu bringen - und überraschten die Familie mit exotischen Kreationen wie dem Toast Hawaii.
In den 1970er Jahren nahm das Essen Fahrt auf: Es wurde nicht nur schnell gekocht, sondern auch schnell gegessen. Mit der neuen Imbiss- und Fastfood-Kultur war das Essen permanent verfügbar. Im Ruhrgebiet erlangte "Curry Heini" dank seiner legendären Currysauce Kultstatus, und in Köln eröffnete der erste McDonald's.
Aber alles, was an Pfunden draufkam, musste auch wieder runter. Anfang der 70er schwappte die Trimmwelle auch nach NRW. Knappe Mode, kurze Röcke verlangten nach sportlichen Körpern. In Münster eröffnete der erste deutsche "Trimmpfad" und die Zeitschriften überschlugen sich mit Diätvorschlägen.
Die Gegenbewegung zum Fastfood ließ sich nicht lange auf sich warten. In der Eifel fanden sich Aussteiger in Wohngemeinschaften auf alten Höfen, um die Natur wieder so zu erleben wie zu Großelterns Zeiten. Essen hatte auf einmal auch mit Moral zu tun. Die Öko- und Tofuwelle war geboren.
Die Sehnsucht nach dem Ursprünglichen führt die Nordrhein-Westfalen auch heute zurück in die Region. Eigenes Gemüse im Schrebergarten anbauen - das ist bei jungen Leuten wieder im Trend. Knapp 70 Jahre nach Kriegsende landet Fleisch wieder seltener auf den Tellern und sogar die Steckrübe feiert ihr Revival. Einfache klassische Gerichte wie bei Muttern sind gefragt. Nach Jahren der mediterranen oder asiatischen Küche besinnen sich die Nordrhein-Westfalen auch wieder auf Pickert, Potthast, Stielmus und Sauerbraten.

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