Lucerne Festival: Andris Nelsons interpretiert Beethoven

Das 5. Klavierkonzert gehört zu den bekanntesten, schönsten und facettenreichsten Werken Beethovens. Zugleich ist es eines seiner Modernsten, denn es definiert die Rolle des Solisten völlig neu. Anders als bislang üblich, steht die Kadenz, in der der Solist all seine Virtuosität beweisen kann, nicht am Ende des ersten Satzes, sondern gleich am Anfang. Eine klare Ansage: Der Solist steht im Mittelpunkt, er hat sich selbstbewusst vom Orchester emanzipiert. Yefim Bronfman, 1958 im usbekischen Taschkent geboren, ist dafür ideal besetzt. Der Grammy-Preisträger ist ein technisch brillanter Virtuose und gleichzeitig auch ein hochsensibler Interpret, der den vielen Farben dieses Werks bis in die feinsten Nuancen nachspürt. Das zweite Hauptwerk des Abends, Nikolai Rimski-Korsakows 'Scheherazade', ist ein wahres Orchesterfest für das Royal Concertgebouw Orchestra: Die Geschichte aus '1001 Nacht' steckt voller orientalischer Exotik, schillernder Instrumentalfarben und opulenter Klangpracht. Vom Treffen der weltberühmten Orchester, die alljährlich beim Lucerne Festival auftreten, ist das Ensemble aus Amsterdam nicht mehr wegzudenken. Letzten Sommer überließ sein Chefdirigent Mariss Jansons seinem 33-jährigen Meisterschüler Andris Nelsons das Pult. Ein Kritiker schrieb begeistert: 'Überall, wo der lettische Dirigent hinkommt, hinterlässt er Begeisterung und Staunen.' Der 1978 geborene Senkrechtstarter hat seit 2008 den Chefposten des City of Birmingham Symphony Orchestra inne. Nelsons gehört zu der neuen Kapellmeistergeneration, die mit einer mitreißenden Dynamik durchstartet und im Umgang mit groß besetzten Orchestern eine unglaubliche und fast beängstigende Souveränität an den Tag legt. Halbe Sachen kennt er nicht, er dirigiert mit vollem Körpereinsatz, bis hin zu spontanen Luftsprüngen, und reißt damit sowohl sein Orchester als auch sein Publikum mit. Die ARTE-Zuschauer konnten Nelsons zuletzt bei den Bayreuther Festspielen 2011 erleben, wo er den 'Lohengrin' dirigierte.