Löwin unter Löwen
Zaha Hadid hat nie mit Kritik an ihren männlichen Kollegen zurückgehalten. Die 1951 in Bagdad geborene Architektin lebt und arbeitet seit über dreißig Jahren in London. Sie ist nicht nur die berühmteste Baumeisterin unserer Zeit, sie ist auch die meist umstrittene und streitbare Frau in der Architektur. Fette Schlagzeilen markieren ihren außerordentlich erfolgreichen Weg zu den Topstars des Gewerbes. Kaum eine Woche, in der ihr die internationale Presse nicht irgendeine Aufmerksamkeit schenkt. Dahinter steht ein guter PR Apparat. Ohne den hätte es die markante Diva kaum geschafft, sich an den Ellbogen-Attacken ihrer männlichen Kollegen vorbei zu arbeiten. Dabei schillert sie mit einem mannigfaltigen Repertoire an Kreativität, entwirft auch Schuhe für ein feines Label, Möbel von atemberaubender Schnittigkeit, Bestecke, Lampen, eine Skisprungschanze, eine Zahnradbahn, auch Dinge, die man gar nicht genau definieren kann und natürlich Gebäude. Alles ist aerodynamisch wie ein Formel I Rennwagen. Alle Linien fließen und man fühlt sich wie im Windkanal. Das ist ihr Markenzeichen. Das ist heute ihr Gefühl von der Welt, alles ist offen und fließt wie ein steter Magmastrom. Bei Zaha Hadid kommt kaum etwas zum Stillstand. Das merkt man der resoluten Dame an, die ihre Erscheinung mit feenhaften Plissés von Issey Miyake ins zauberhafte wandelt. Zaha zwischen Kampf und Traum. Wenn sie spricht, quillt es aus ihr heraus, schnell, als ob die Reden den Gedanken nicht hinterher kommen könnten. Ihre unglaublich sonore Stimme macht sie dann annähernd zu einer jazzigen Rapperin der Architektur. Den inneren Blues pflegt sie nur als Image, denn damit konnte sie in den 80ern weltweit Aufsehen erregen - als unübersehbare, dunkle Araberin in der mächtigen Domäne hellhäutiger, großer, weißhaariger Männer, die der Weltarchitektur ihren Stempel aufdrückten: Richard Meier, Frank O. Gehry, Norman Foster - da gab es kaum ein Vorbeikommen. Und natürlich nicht als Frau.