
Little Germanies
Am 15. Juni 1904 gellen Schreie über den East River, Schreie von Ertrinkenden. Der Ausflugsdampfer General Slocum ist auf dem Weg nach Long Island, an Bord sind hauptsächlich Familien aus New Yorks Little Germany. Über 1.000 Deutsche finden an diesem Frühsommertag den Tod. Die Katastrophe markiert das Ende von Kleindeutschland, der deutschen Gemeinde in der Lower East Side von Manhattan. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erblühen überall in den USA deutsche Viertel, genannt Little Germany. Geschäfte und kulturelle Einrichtungen, Schulen und Kirchen, Zeitungen und Vereine - alles ist in deutscher Hand. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts leben mehr als 70.000 Deutsche im Little Germany New Yorks. Die Neuankömmlinge sind überwiegend Handwerker ohne Vermögen, die bescheiden wohnen, hart arbeiten und sparsam wirtschaften. Die Dokumentation verfolgt die Schicksale zweier Einwandererfamilien: Die Steinwegs gründen drei Jahre nach ihrer Ankunft in New York Steinway & Sons. Alle Kinder arbeiten im Familienbetrieb. Sie entwickeln den Steinway-Flügel und erhalten zahlreiche Patente, ihre Instrumente erlangen Weltruf. 1865 wird der Betrieb nach Queens verlegt. Dort ist er noch heute ansässig. Auf der anderen Seite steht die Familie Gumpertz, die verzweifelt versucht, ihrem Elendsquartier in New Yorks Kleindeutschland zu entkommen. Überfüllte Wohnungen ohne Sanitäreinrichtungen lassen Tuberkulose, Typhus und Cholera grassieren. Viele Kinder sterben, bevor sie laufen können. Am 17. Oktober 1874 wartet Nathalie Gumpertz vergeblich auf ihren Mann. Julius kehrt nie zurück. In diesen Zeiten begehen viele Männer Selbstmord oder tauchen unter, weil sie das Leid ihrer Familie nicht mehr ertragen. Für die einen wird der amerikanische Traum Realität, für die anderen ein Kampf auf Leben und Tod.