Leben im Polarkreis

Leben im Polarkreis

Nördlich des Polarkreises befreit sich die Natur erst im Mai aus der eisigen Umklammerung des Winters. Sobald die Sträucher und Beeren ihr erstes Grün austreiben, wird es Zeit für die Rentiere, ihre Kälber zur Welt zu bringen. Sie werden geboren in der einsamsten Region Europas, in Lappland, und folgen untrennbar ihren Müttern, wenn sie auf Nahrungssuche durch die endlosen Wälder ziehen, in denen die Begegnungen mit Wölfen, Bären, Luchsen und Vielfraßen wieder häufiger werden, denn auch hier haben die Menschen dazugelernt und jagen nicht mehr jeden Jäger. Den Kälbern bleiben nur wenige Monate Zeit heranzuwachsen, und kein Wild auf dieser Welt wächst schneller, denn der Zeit des Mittsommers, in der die Sonne nicht untergeht, folgt früh ein langer, eisiger Winter und damit die gefährliche Zeit des Jahres. Wenn eine Eisschicht wie ein Panzer den Boden bedeckt, reicht oft die Kraft der Hufe nicht mehr aus, um nach Gräsern und Kräutern zu graben, und wenn die Temperaturen auf 50 Grad unter Null fallen, dann zehrt die Kälte an den Fettreserven. Der Winter ist die Zeit, in der sich die wahre Natur der Rentiere zeigt, eine Widerstandsfähigkeit, die man im Sommer nicht erahnt. Jetzt, im Winter, wenn die Polarnacht alles in eisiges Dunkel hüllt, ziehen die Samen, ein Volk, das seit Menschengedenken mit den Rentieren und von den Rentieren lebt, hinaus in die verschneiten Weiten. Es ist die Zeit, wenn die Herden zusammen getrieben werden, die spannendste Zeit des ganzen Rentierjahres.

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