
Karamazow - Avignon 2016
In "Die Brüder Karamasow" vereint Dostojewski spannende Kriminalhandlung, Liebesgeschichten und metaphysische Betrachtungen in einem einzigartigen Roman. Von ihren inneren Konflikten zerrissen, suchen die Protagonisten nach einer Wahrheit, die über jede Vernunft erhaben ist.
Zunächst wären da die leiblichen Söhne des Patriarchen Karamasow mit ihren Leidenschaften und Fragen: der sinnliche Dmitri, der intellektuelle Iwan und der religiöse Aljoscha. Dann gibt es noch den zynischen und hasserfüllten Halbbruder Smerdjakow, der seine Rolle als Lakai leid ist. Das Schicksal will es, dass die vier erwachsenen Brüder in ihre Heimatstadt zurückkehren und sich dort - im Spannungsfeld von väterlicher Liebe und Verachtung - mehr schlecht als recht durchs Leben schlagen.
Als Spielball des Lebens, der Lust und des Glaubens prallen sie mit dem Patriarchen zusammen, einem lüsternen Trunkenbold, dem keiner ihrer Lebensentwürfe standhält. Der Vatermord führt den philosophischen Roman in die Abgründe einer Kriminalhandlung und stellt die geplagten Brüder vor die Schuldfrage. Wer trägt die Verantwortung - der Sohn, der den Mord verübte, oder derjenige, der ihn nicht verhinderte?
Nach der Inszenierung von Theaterstücken wie "Der gute Mensch von Sezuan" von Bertolt Brecht, "Liliom" von Ferenc Molnár und "Cupidon est malade" von Pauline Sales kehrt Jean Bellorini nun mit der Inszenierung von Dostojewskis letztem Meisterwerk zur erzählenden Literatur zurück.
Der Regisseur nutzt Bühnenbild und Musik, um mit seiner Truppe aus Schauspielern, Instrumentalisten, Sängern und weiteren Künstlern die volle lyrische und poetische Kraft des Werks auszuschöpfen. Die Aufführung ist in der einzigartigen Atmosphäre der Freilichtbühne im Steinbruch La Carrière de Boulbon zu erleben - ein Höhepunkt des diesjährigen Theaterfestivals von Avignon.