Kairo - Mutter aller Städte

Kairo - Mutter aller Städte

Beim Nachmittagstee mit seiner Familie auf dem Dach des Hauses kann Abu Yehia auf 4.500 Jahre Geschichte blicken. Der stolze Besitzer von vier Kamelen wohnt direkt am Fuße der Cheops Pyramide, dem letzten noch existierenden Weltwunder der Antike. Aber für Abu Yehia ist das Grabmal der Pharaonen weniger Vergangenheit als Gegenwart: Er lebt von den Touristen, die zum Fotoschnappschuss mit seinen Kamelen vor die historische Kulisse drängen. Wenn da nicht die Mauer wäre. Mit einem drei Meter hohen Betonwall haben die Behörden das Pyramidenplateau neuerdings eingezäunt. Ein verzweifelter Versuch, dem urbanen Wildwuchs der Häuser, Gassen, Hotels und Läden Einhalt zu bieten, der sich inzwischen bis auf wenige hundert Meter an die antiken Bauwerke herangefressen hat. Der Moloch Kairo wächst, unaufhörlich. 16 Millionen Einwohner weist die Statisitik aus. Doch zuverlässige Zahlen gibt es ebensowenig wie eine Volkszählung oder Meldepflicht. Jeden Morgen pendeln mehr als drei Millionen Arbeiter und Angestellte aus Oberägypten und dem Nildelta in die Stadt und verstopfen die ohnehin schon chronisch überlasteten Straßen der Hauptstadt, in denen ein Heer von 100.000 Taxis und Minibussen versucht, die Menschen mobil zu halten. Den Reisegruppen aus aller Welt, die in vollklimatisierten Bussen von den Pyramiden zum Ägyptischen Museum chauffiert werden, um dann bei einer Führung durch den Touristenbasar Khan el Khalili die unvermeidlichen Plastikpyramiden und Tut-anch-amun-Anhänger zu erstehen, erschließt sich der Zauber dieser Stadt nur selten. Zu Ahmed Fonia, dem Möbelschreiner im alten Handwerkerviertel Manassra, dringt kein ausländischer Besucher vor. Im Gassengewirr schlängeln sich Eselskarren mit Gemüse beladen zu den Märkten, hämmert und sägt es aus winzigen Werkstätten, trocknen frisch gestrichene Holztische unter den hoch hängenden Wäscheleinen. Hier schlägt das Herz der Stadt. Ahmed ist ein Meister seines Fachs, von Hand trägt er das feine Blattgold auf die prunkvoll verzierten Stuhllehnen auf.

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