Japan first? Nationalismus in Fernost

Japan first? Nationalismus in Fernost

Der im Pazifik vor der ostasiatischen Küste gelegene Inselstaat Japan spielte in der Weltgeschichte und der internationalen Geopolitik stets eine wichtige Rolle. Heute steckt das Land in einer schwierigen Situation: Sein Verhältnis zu Russland ist aufgrund eines Gebietsstreits um die Kurileninseln, die nach dem Zweiten Weltkrieg der Sowjetunion zufielen, bis heute konfliktbehaftet. Die amerikanisch besetzten Okinawa-Inseln verweigern die Errichtung weiterer US-Militärbasen. Die Beziehungen zu China und Korea sind angespannt, und für Europa und den Rest der Welt ist Japan entweder Partner oder ein unumgänglicher Feind.

Angesichts der wirtschaftlichen und militärischen Macht des chinesischen Nachbarn, der Bedrohung durch die nordkoreanische Atommacht und der Kritik aus Südkorea, das die rücksichtslose japanische Kolonialisierungspolitik der ersten Jahrhunderthälfte nur schwer verzeihen kann, ist der Nationalismus in Japan auf dem Vormarsch. Die Ursprünge der nationalistischen Tendenzen sind auf die rasante Modernisierung des Landes, seiner Konfrontation mit der westlichen Kultur, dem einstigen Kaiserkult und den Eroberungskriegen in Asien zurückzuführen.

Jetzt will die Regierung unter Shinzô Abé den Militärhaushalt aufstocken, scheitert jedoch an Artikel 9, der pazifistischen Nachkriegsverfassung, der den Aufbau einer Armee und den Einsatz von Gewalt untersagt.

Tatsächlich hatte die Niederlage nach dem amerikanischen Atomangriff 1945 und die Besetzung durch die USA, das kriegerische Kapitel der japanischen Geschichte beendet und das Land in eine friedliche und wirtschaftlich erfolgreiche Phase geführt. Doch der fortdauernde US-Militärkonflikt heizt die Spannungen weiter an und hindert Japan daran, eine eigene Außenpolitik zu führen. Nach dem Atomunfall in Fukushima am 11. März 2011 wurden deutliche Probleme in der Staatsführung festgestellt. Die politische Ohnmacht - das "schwarze Loch" der Demokratie - weckt bei den Wählern den Wunsch nach einem "starken Mann" an der Spitze.

Im Juli 2016 erhielt die Regierung von Shinzô Abé eine zweidrittel-Mehrheit bei den Senatswahlen und damit das Recht, Artikel 9 der pazifischen Verfassung zu ändern und das Land militärisch aufzurüsten. Doch diese konservative Politik heizt die geopolitischen Spannungen weiter an, schwächt die Demokratie und treibt das Land in gefährliche, nationalistische Gewässer.

Bewertung

0,0   0 Stimmen