Indochinas Träume

Indochinas Träume

Der Vietnamkrieg liegt länger zurück, als die meisten Vietnamesen überhaupt denken können: Der größte Teil der Bevölkerung ist unter 30 Jahren alt, hat weder die brutale Bombardierung durch die USA erlebt noch den Abzug der geschlagenen Supermacht. 'Was interessieren uns die Geschichten von gestern?' Viele junge Leute zwischen Hanoi und Ho Chi Minh City, dem alten Saigon, winken einfach ab und schwingen sich auf ihre Motorroller. Millionen davon verstopfen die Straßen des Landes. Die Zukunft riecht hier nach Zweitakter-gemisch, lässt kaum Sauerstoff zum Atmen. Und das Land hat noch viel vor. In der pulsierenden Wirtschaftsmetropole Ho Chi Minh City wachsen neue Wolkenkratzer als Wahrzeichen in den Himmel, und auch in der Hauptstadt Hanoi gehören Bentleys und Maybachs ebenso zum Straßenbild wie die Fahnen mit Hammer und Sichel oder dem gelben vietnamesischen Stern auf rotem Grund. Vietnam bleibt offiziell kommunistisch, aber seit gut 20 Jahren hat die Einheitspartei ihren Frieden mit dem Kapitalismus gemacht. Industrielle Kopien aus Vietnam gelten im Vergleich zu chinesischen Produkten als qualitativ wertvoller, die Löhne sind im Schnitt niedriger als beim ungeliebten Nachbarn China. Das sind die Maßstäbe, mit denen das Land verdienen will. Den großen Drachen China beim Geschäft auszubooten erfreut außerdem die Volksseele. Ein Drache ist Vietnam schließlich auch: Laut Legende stammen alle vietnamesischen Männer von einem solchen ab, alle Frauen von einer Fee. ZDF-Korrespondent Peter Kunz und sein Team haben Vietnam in den letzten Jahren oft bereist, diesmal durchquerten sie es von Norden nach Süden. Dabei hat Peter Kunz festgestellt, dass der Siegergeist aus der Kriegszeit doch auch bei der jüngeren Generation psychologisch Spuren hinterlassen hat. Die Vietnamesen haben in ihrer Geschichte die Chinesen, Franzosen und Amerikaner aus dem Land geworfen, und es mangelt der Nation seitdem nicht an Selbstbewusstsein.

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