Ich liebe nicht nur einen

Justus liebt Erika, und sie liebt ihn. Und doch gibt es einige Tage im Monat, die sie mit ihren Geliebten verbringen: 'Warum sich beschränken, wenn doch die Liebe mehr wird, wenn man sie teilt?' Erika hat zwei feste Freunde, und auch Justus trifft regelmäßig Freundinnen. Mittlerweile hat Erika keine Angst mehr, ihn zu verlieren, so wie am Anfang. Sie weiß, wenn er heute zu einer anderen Frau geht, kommt er auf jeden Fall zurück. Die beiden bezeichnen sich als polyamor, was so viel bedeutet wie 'mehrere lieben'. Anders als beim 'Swingen' geht es in ihren oft langjährigen Beziehungen nicht nur um Sex, sondern vor allem um Nähe und Geborgenheit. Erika hatte ein Leben geführt wie viele andere auch. Sie wohnte in einem kleinen Dorf in Sachsen-Anhalt, arbeitete als Lehrerin und war ihrem Mann immer treu. Für sie war das selbstverständlich - bis ihr Mann starb und sie Justus kennen lernte. Auch der Bauingenieur betrat mit seiner damaligen Frau Neuland, als sie nach mehr als zehn Ehejahren ihre Beziehung öffneten und Erika als Dritte hinzukam. Einige Jahre lebte Justus mit beiden zusammen. Dann erkrankte seine Ehefrau an Krebs und wurde von ihm und Erika bis zu ihrem Tod gepflegt. In dieser Zeit entstand die Idee, eine polyamore Alten-WG zu gründen. Mittlerweile sind beide 67 Jahre und empfinden die Mehrfachliebe als die ideale Beziehungsform fürs Alter. Auch Silvio und Mara leben mehrere Liebesbeziehungen gleichzeitig. Die beiden sind seit sieben Jahren ein Paar und bezeichnen einander als Hauptpartner. Nebenbei verabreden sie sich einmal im Monat mit verschiedenen Geliebten. Wer sich wann mit wem trifft, wird genau verhandelt und in den Familienkalender eingetragen. Als vor vier Jahren Tochter Anna geboren wurde, lebten sie auf Maras Wunsch eine Zeit lang monogam. Für beide steht fest, dass die Familie das Wichtigste in ihrem Leben ist. Demnächst wollen sie sogar heiraten - und mit Freunden und Geliebten ihre Hochzeit feiern. Doch die Polyamorie ist kein Schlaraffenland für Liebespaare.