I Pay for Your Story

I Pay for Your Story

"Erzählt mir eure Geschichte. Ich zahle euch den zweifachen Mindeststundenlohn dafür." Mit Flyern und einer Leuchtreklame, auf der in rot-blauen Lettern "I Pay For Your Story" aufblinkte, machte Lech Kowalski die Bewohner von Utica auf sein Projekt aufmerksam. Die Stadt im Nordosten der USA, dem ehemaligen "Rust Belt", war ein florierender Industriestandort, bis die meisten Betriebe abwanderten und die Menschen im Elend zurückließen. So ungewöhnlich wie die Idee ist auch die Umsetzung des Films: keine Infografiken, keine Expertenmeinungen, keine sensationsheischenden Kamerafahrten über verfallene Gebäude, geschlossene Geschäfte und stillgelegte Fabriken. Wie zerfallen die Stadt - auch im übertragenen Sinne - ist, erlebt der Zuschauer aus einer sehr persönlichen Innenschau. Männer und Frauen sprechen vor der Kamera über ihren Existenzkampf, über Drogen, schnelles Geld und Gefängnisstrafen. Und den Wunsch, einmal rauszukommen. Vor allem wegen der Kinder. Sie wollen eigentlich nicht Stereotypen entsprechen, die die Kriminalstatistik bedienen, wie alleinerziehende Junkie-Mutter oder schwarzer Dealer mit Vorstrafen. Doch was tun, wenn nicht dealen in Utica, wo es keine Arbeit gibt? Kowalski porträtiert Menschen, die ihr Leben lang dafür zahlen mussten, arm geboren zu sein. Indem er ihre Geschichte kaufte, gab er ihnen ein bisschen Sehnsucht, ein paar wenige Träume und Rechte zurück. Sein Dokumentarfilm trifft mit beunruhigender Genauigkeit den Nerv dessen, was Amerika zu einem gespaltenen Land macht.

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