Hummer satt?

Hummer satt?

Dem Feinschmecker hat die Gastronomie auf Helgoland eine seltene Delikatesse zu bieten: fangfrischen Hummer. Doch die Krustentiere vor der Hochseeinsel sind rar geworden. Nur noch 300 bis 500 Exemplare gehen den Fischern pro Jahr in die Körbe. Einst lebten rund um den Helgoländer Felssockel etwa 80.000 Hummer. Doch die Minen und Bomben des Zweiten Weltkriegs zerstörten Teile der unterseeischen Felsenlandschaft und nahmen damit zahlreichen Tieren ihren Lebensraum. Auch die Verschmutzung der Nordsee könnte dazu beigetragen haben, dass der Hummerbestand in der Deutschen Bucht vom Aussterben bedroht ist. Wissenschaftler des Alfred Wegener Instituts haben sich jetzt ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. Rund 3000 Helgoländer Junghummer sollen im Offshore-Windpark Riffgat, 15 Kilometer vor Borkum, ausgewildert werden. Dort sollen sie sich auf den künstlichen Unterwasser-Steinfeldern auf den mächtigen Sockeln der Windräder ansiedeln. Da Hummer nur auf einem harten, felsigen Meeresgrund leben können, sind die Voraussetzungen im Windpark optimal. Doch ob der neue Lebensraum den Bestand des Helgoländer Hummers in der Deutschen Bucht tatsächlich stabilisieren kann, ist ungewiss. Die Artenschutzmaßnahme sei bisher einmalig, meint der Umweltwissenschaftler Dr. Roland Krone aus Bremerhaven. Er ist Forschungstaucher und spezialisiert auf Bodentiergemeinschaften an Wracks und Offshore-Anlagen in der Nordsee. Vor der Auswilderung muss er mit seinem Team die Unterwasser-Fauna und den Fischbestand im Windpark gründlich überprüfen. Denn wenn es dort zahlreiche sogenannte Fressfeinde gibt, wäre das Hummer-Projekt von Anfang an gefährdet. Krone ist Projektpartner der biologischen Anstalt des Alfred Wegener Instituts auf Helgoland und unterstützt dort Experten, die sich seit vielen Jahren mit der Hummeraufzucht beschäftigen. Im "Öko-Labor" hat Technik-Leiter Michael Jahnke 3000 winzige Hummer für den Windpark aufgezogen. Jedes Tier lebt in einer eigenen privaten Mini-Höhle, denn Hummer sind kannibalisch und müssen einzeln gehalten werden. "Für uns ist das völliges Neuland", meint Michael Jahnke. "Im letzten Moment kann immer noch etwas schiefgehen." Die Tiere sind empfindlich und der Transport ist schwierig. NDR Reporter Stefan Weiße und sein Kamerateam haben nach langen Vorbereitungen die Genehmigung erhalten Taucheinsätze, Probefänge und die anvisierte Auswilderung im Windpark zu drehen. Erst nach einem mehrtägigen Sicherheitstraining durfte der Autor das Forscherteam zum Offshore-Park begleiten.

Sollte das Experiment klappen, wäre das nicht nur ein Gewinn für das Ökosystem, sondern auch für die Helgoländer Fischer und Gastronomen. In Deutschland fast ausgerottet, kommen auch in den Helgoländer Restaurants vor allem Tiere aus Kanada und den USA auf den Tisch.

Bewertung

0,0   0 Stimmen