Hudekamp - Ein Heimatfilm

Hudekamp - Ein Heimatfilm

GesellschaftsreportageD  

Familien, die seit Generationen von Stütze leben, Jugendliche ohne Zukunftsperspektive, Drogen und Kriminalität: Die Hochhäuser im Lübecker Stadtteil Hudekamp gelten als Heimat einer verlorenen Schicht. Hinter den meterhohen Betonfassaden des Blocks verbirgt sich ein fremder Kosmos. Wer hier landet, für den ist woanders kein Platz. Doch die Bewohner der Wohnblocks 1 bis 17 sagen, dass sie nirgendwo anders leben wollen. Warum ist das so? Die Autoren sind für mehrere Wochen selbst in das Viertel gezogen, um das herauszufinden. Sie haben die Menschen mit ihrer Kamera begleitet, Tag und Nacht, zwischen Enttäuschungen, Hoffnungen und Grenzsituationen. Ihr Film erzählt von sieben Leben. 'Ich kann jederzeit Anlauf nehmen und springen, ich lebe im 13. Stock', sagt Basti. Wäre da nicht Annemie, die alte Damen, die eine Etage unter ihm wohnt. Basti ist Alkoholiker und Ex- Neonazi. Er kümmert sich um Annemie, kocht ihr Essen. Aus dem ungleichen Paar sind beste Freunde geworden. 'Der einzige Grund, warum wir noch hier sind.' 'Heimat ist dort wo meine Familie ist, deshalb werde ich hier immer leben', sagt Adnan. Seine Eltern sprechen kaum Deutsch, Adnan möchte Lehrer werden. Jeden Morgen steht er um fünf Uhr auf, um mit dem Zug an die Hamburger Uni zu fahren. Das Schlafzimmer teilt er sich weiterhin mit seinen zwei kleinen Brüdern. Adnan lebt kontrolliert mit muslimischen Traditionen, Stolz und Zielstrebigkeit. Doch an den Wochenenden, vor den Türen der Diskotheken, rastet er schon mal aus: Ausgrenzung und Vorurteile setzen Hass und Wut in ihm frei. Direkt unter Adnans Wohnung, nur durch eine dünne Betondecke getrennt, sitzt ein deutsches Ehepaar auf dem Sofa seiner Eigentumswohnung. 'Wir sind doch mittlerweile fremd im eigenen Land', sagen die beiden. Die Autoren spüren den Hass der Eheleute, den Hass auf die Menschen, von denen sie in ihrer Heimat umgeben sind. Ihre Wohnung haben sie zu einer Festung umgebaut: rundum Videoüberwachung, Misstrauen gegen jeden. In der Welt von Ibo gibt es noch keinen Hass. Seine Welt unterteilt sich in 'die Netten, die Bösen und die ganz Bösen'. Vor denen versucht er seine drei kleinen Geschwister zu beschützen, weil das sonst niemand tut. Mit seinen elf Jahren kämpft er darum, endlich erwachsen zu werden. Zeit zum Träumen hat Ibo nicht. Shano füllt jede freie Minute mit ihren Träumen. Sie will eine berühmte Sängerin werden. Ein großes Casting steht an. Ihre Eltern, politische Flüchtlinge aus dem Irak, mühen sich seit Jahren um Arbeit. Sie resignieren langsam. Shano ist klar, dass ihr die Zeit davonläuft. Ihre Eltern können sich vorstellen, mit den Kindern in den Nordirak zurückzuziehen. Der Film erzählt von Aufbruch, Resignation und Wut. Es ist die Reise in den unbekannten Alltag der viel zitierten Parallelgesellschaft, die es so oder ähnlich überall in Deutschland gibt. Und es ist die Konfrontation mit Lebenssituationen, die man sich in der wohlbehüteten deutschen Wohlstandsgesellschaft kaum vorstellen kann.

Bewertung

0,0   0 Stimmen