
hier und heute: Voll auf Stoff
Genäht wird doch nur noch in Billiglohnländern, nicht mehr in Deutschland! Denkt man. Aber fast unbemerkt haben sich hier wieder viele kleine Nähstuben ausgebreitet. So fertigt Diplom-Designerin Judith Elsinghorst-Kratz in Bonn Kulturbeutel und Wickeltaschen mit raffinierten Details, wie selbstgehäkelten Erdbeeren oder aufgebügelten zarten Rehen. Die Arbeit kann sie hervorragend mit der Versorgung ihrer drei Kinder verbinden. Sie braucht auch keinen Laden: Genau wie 65.000 weitere Anbieter verkauft sie ihre handgearbeiteten Produkte über ein Internet-Portal. Auch Christina Kröger aus Telgte: Die 29-Jährige ist mit der Näherei nach drei Jahren so erfolgreich, dass sie ihre Familie davon allein ernähren könnte. Ihr Renner sind die zuckersüßen Mutterpass-Hüllen „für das schönste Buch der Welt“, selbst entworfen, genäht, bestickt. Sie verdiene mit Nähen bereits 15 Euro pro Stunde, verschicke 80 bis 90 Bestellungen pro Woche. Zehn bis zwölf Stunden dauert ihr Tag. Wenn es gut läuft, basteln die Töchter friedlich mit, aber abends ist sie immer „völlig platt“. Reporterin Christiane Haas hat einen Blick in die beiden Ateliers geworfen.