Halbmond über Köln

Halbmond über Köln

GesellschaftsreportageD  

Das spektakuläre Bauwerk spaltet die Stadt in vehemente Gegner und Befürworter, ein hochemotionaler Streit um die Integration von Muslimen entsteht. Mittendrin: der ehemalige Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU), Bezirksbürgermeister Josef Wirges (SPD), der Schriftsteller Ralph Giordano und der Dialogbeauftragte des Bauherrn, der DITIB, Bekir Alboga. Während der jüdische Publizist Giordano sich vehement und provokant gegen den Bau des repräsentativen Bauwerks ausspricht, kämpfen die Politiker Seite an Seite mit der DITIB für den Neubau. Ein weiterer Gegenspieler ist die rechtsextreme Gruppe Pro Köln, die die Ängste vieler alteingesessener Kölner kennt und sie für ihre politischen Ziele instrumentalisiert. Schauplatz der Handlung ist der ehemalige Arbeitervorort Ehrenfeld. Er wird gerne als der Kölner Stadtteil gelobt, in dem das multikulturelle Zusammenleben besonders gut funktioniert: Die Deutschen kaufen in den türkischen Gemüseläden ein, die Studenten essen ihren Döner und die Deutsch-Türken sprechen nicht selten Kölner Slang. Es herrscht ein Klima liberaler Offenheit. Doch viele alteingesessene Ehrenfelder befürchten, dass das fragile multikulturelle Gleichgewicht im Viertel durch ein repräsentatives islamisches Bauwerk kippen könnte. Sie empfinden die neue Moschee als türkisches Machtsymbol und haben Angst, dass ihnen die vertraute Umgebung fremd wird. Vom plötzlich massiv aufbrandenden Widerstand werden selbst die erfahrenen Politiker Schramma und Wirges überrascht und für viele Muslime, die seit Jahrzehnten in Ehrenfeld leben, ist er ein Schlag ins Gesicht. Sie glauben, dass ihnen ein würdiges Gebetshaus zusteht, und verstehen die Ängste der deutschen Bürger nicht. Viele junge Deutsch-Türken besinnen sich auf ihre Wurzeln, wenden sich der Religion zu und fühlen sich in der deutschen Gesellschaft immer weniger zu Hause. Die entscheidende Frage drängt sich immer mehr in den Vordergrund: Wird die Moschee die Integration der Muslime fördern, oder trägt sie eher zu ihrer Abschottung von der Mehrheitsgesellschaft bei? Die Dokumentation zeigt die ersten heftigen Proteste im Jahr 2007, kurz nachdem die Pläne zum Moscheebau in der Bevölkerung bekannt wurden. Sie folgt dem turbulenten Ablauf der Ereignisse bis zur Erteilung der Baugenehmigung, dem Abriss der alten Moschee und den beginnenden Arbeiten zum Neubau im Jahr 2010. Darüber hinaus setzt sie sich damit auseinander, dass zwei Kulturen, die seit über 40 Jahren friedlich nebeneinander leben, plötzlich aufeinanderprallen. Er zeigt, wie ein diffuses Gefühl des gegenseitigen Fremdseins zu heftigen Aggressionen führt, und dass viele Türken kaum in Westeuropa heimisch geworden sind. Und sie führt vor Augen, wie sehr die alten Fronten von Rechtsgesinnten und Antifaschisten die deutsche Gesellschaft immer noch prägen.

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